Wie geht es mit den Zinsen weiter?

Analyse. Das extrem niedrige Zinsniveau wird auch 2016 weiter bestehen bleiben, berichtet 
Geldmarkt-Experte Gottfried Steindl von Raiffeisen Research.

Foto: Raiffeisen Bank International AG
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ie Europäische Zentralbank hat mit ihren geldpolitischen Maßnahmen die Geld- und Kapitalmarktzinsen auf ein historisch einzigartig niedriges Niveau gedrückt. Aufgrund der niedrigen Inflation und der überschaubaren Wirtschaftsbelebung in der Eurozone ist von einer anhaltend expansiven Geldpolitik auszugehen. Dabei steuert die Notenbank die Zinslandschaft nicht nur mehr über ihre Leitzinsen. Anleihekäufe und geldpolitische Operationen werden zumindest bis Mitte 2016 die Überschussliquidität im Bankensystem stetig steigen lassen, was den Abwärtsdruck bei den Geldmarktsätzen und somit Einlagezinsen aufrechterhalten sollte.
    Zuletzt sind vor allem die kurzfristigen Sätze noch stärker ins negative Terrain abgerutscht. In den kommenden Quartalen dürften sich die Marktteilnehmer auf der Laufzeitenkurve hinausbewegen, um zumindest das Kapital zu erhalten. Wir rechnen daher ausgehend von längeren Fristigkeiten mit einer Verflachung der Geldmarktkurve. Auch mittlere und längerfristige Zinssätze haben in diesem Umfeld ein nur begrenztes Aufwärtspotenzial. Lediglich ein einsetzender Zinsanhebungszyklus in den USA dürfte bis Mitte 2016 auch die Kapitalmarktsätze in der Eurozone ein wenig mit nach oben ziehen. Allerdings muss betont werden, dass Überschussliquidität und Negativzinsen auf Notenbankeinlagen die Zinsen in der Eurozone im Vergleich zu historischen Mustern nach unten verzerren.
    Spätestens Ende 2016 sollte sich das monetäre und realwirtschaftliche Umfeld ausreichend erholt haben, dass eine Verlängerung der erweiterten geldpolitischen Maßnahmen zunehmend unwahrscheinlich wird. Sobald Spekulationen einsetzen, dass die Notenbank ihre Unterstützung zurückfährt, sind deutliche Anstiege bei Kapitalmarktsätzen innerhalb nur weniger Wochen zu erwarten.

Spätestens Ende 2016 sollte sich das monetäre und realwirtschaftliche Umfeld ausreichend erholt haben, dass eine Verlängerung der erweiterten geldpolitischen Maßnahmen zunehmend unwahrscheinlich wird.

Gottfried Steindl
Gottfried Steindl von Raiffeisen Research