Gastkommentar

Wird Schenken und Vererben ab 2016 teurer?

Die im Juli beschlossene Steuerreform 2015/2016 gestaltet mitunter auch das Grunderwerbsteuergesetz grundlegend neu. Doch welche Auswirkungen ergeben sich daraus?

Foto: Privat
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b 1. Jänner tritt das neue Reformpaket in Kraft. Die dann geltenden gesetzlichen Bestimmungen bewirken eine umfassende Änderung und reichen von der Erweiterung der grunderwerbsteuerpflichtigen bzw. steuerbefreiten Tatbestände bis hin zur Neuregelung der Steuerbemessungsgrundlage und des Steuertarifs.

„Grundstückswert“ als neue Bemessungsgrundlage.

Als Steuerbemessungsgrundlage gilt grundsätzlich weiterhin die Gegenleistung, wie zum Beispiel der Kaufpreis, mindestens jedoch der neue sogenannte „Grundstückswert“. Dieser Grundstückswert kann entsprechend den Vorgaben einer erst noch zu erlassenden Verordnung des Finanzministeriums direkt vom vertragsverfassenden Notar berechnet werden und soll durchschnittlich um 30 bis 40 Prozent unter dem tatsächlichen Verkehrswert der betroffenen Liegenschaft liegen. Alternativ zu dieser Grunderwerbsteuer-Berechnung kann auch der jährlich aktualisiert erscheinende Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer Österreich für die dort bewerteten Grundstücke und Gebäude zur Bemessung verwendet werden.

RLB Kompakt Josef Reitter

Mag. Josef Reitter

Öffentlicher Notar,
Zell am Ziller

Sofern der tatsächliche Wert des Grundstückes bzw. des Gebäudes darunter liegt, wie etwa bei einem abbruchreifen Gebäude, und dies wird mit einem entsprechenden Verkehrswertgutachten nachgewiesen, dann gilt dieser niedrigere Wert als Bemessungsgrundlage. Der einfache Einheitswert bleibt künftig lediglich für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke bei unentgeltlichen und teilentgeltlichen Erwerben Berechnungsgrundlage.

 

Der Steuersatz für entgeltliche Grundstückserwerbe bleibt unverändert bei 3,5 Prozent von der Gegenleistung, zumindest aber vom „Grundstückswert“. Für unentgeltliche Erwerbe, das entspricht einer Gegenleistung unter 30 Prozent des Grundstückswertes, gilt ein neuer Stufentarif: 0,5 Prozent Steuer bis zu einem Wert von 250.000 Euro, 2 Prozent von 250.000 bis zu 400.000 Euro und 3,5 Prozent für mehr als 400.000 Euro.

Neuer Familienbegriff.

Erfreulicherweise wird der Familienbegriff für die Berechnung der neuen Grunderwerbsteuer erweitert: Neben Ehegatten, Nachkommen und Schwiegerkindern sind jetzt auch liegenschaftserwerbende Lebensgefährten, Geschwister, Neffen und Nichten begünstigt. Dieser Personenkreis profitiert nun davon, dass alle Liegenschaftsübertragungen innerhalb der Familie laut Gesetz für die Bemessung der Grunderwerbsteuer als „unentgeltlich“ gelten.

Somit ist der günstige „Stufentarif“ auch für Übergabsverträge mit zu erbringenden Gegenleistungen, wie zum Beispiel Einräumung eines Wohnrechtes für den Übergeber, Übernahme von Verbindlichkeiten oder Leistung von Entfertigungszahlungen an Geschwister, uneingeschränkt anzuwenden.

 

Bei einer Übertragung bzw. Vererbung an den Ehegatten gelten neue Freibeträge. Zwischen Ehegatten ist die Übertragung der Hälfte der Eigentumswohnung, des Wohnhauses oder eines Bauplatzes zur gleichteiligen Anschaffung oder Errichtung einer Wohnstätte für eigene Hauptwohnzwecke steuerlich begünstigt. Die Übertragung einer Wohnnutzfläche von bis zu 150 Quadratmeter ist zur Gänze steuerfrei – soweit die Fläche dieses Ausmaß übersteigt, ist nur der 150 Quadratmeter übersteigende Teil steuerpflichtig. Die Vererbung eines Wohnhauses oder einer Wohnung (bzw. eines Anteils daran) ist bis zu einer Wohnnutzfläche von bis zu 150 Quadratmeter zur Gänze steuerfrei, sofern der erbende Ehegatte im Zeitpunkt des Todes dort seinen Hauptwohnsitz hatte. Sofern die Wohnnutzfläche das Ausmaß von 150 Quadratmeter übersteigt, ist nur der übersteigende Teil steuerpflichtig.

Änderungen für Betriebe.

Für Betriebsübergaben, bei denen gleichzeitig Betriebsgrundstücke übertragen werden, wird der Steuerfreibetrag von 365.000 auf 900.000 Euro erhöht. Betriebsübergaben innerhalb der Familie gelten stets als „unentgeltlich“, somit steht in diesem Fall der Freibetrag gänzlich zu. Liegt der Grundstückswert über 900.000 Euro, gilt der Stufentarif. Nach oben wurde die Grunderwerbsteuer mit höchstens 0,5 Prozent des betroffenen Grundstückswertes ge­deckelt.

Bei Betriebsübergaben und Umgründungen, die KMU betreffen, wird die anfallende Grunderwerbsteuer im Regelfall nicht teurer – sondern im Einzelfall sogar billiger.

Mag. Josef Reitter