Tiroler Export: Es gibt Chancen
Tirol ist ein Land, das stärker vom Export lebt als andere Regionen in Österreich. Die letzten Monate waren für die heimischen Exporteure sehr herausfordernd. Umso wichtiger ist es, die vorhandenen Chancen besonders intensiv auszuloten und zu nützen.
D
ie Exporte aller österreichischen Unternehmer stiegen im Vorjahr leicht um 1,8 Prozent. Besonders dynamisch entwickelten sich die Ausfuhren nach Asien (+3,8 %). Auch der Handel mit Russland verzeichnete im abgelaufenen Jahr noch einmal hohe Zuwachsraten (Export: +9,0 %). Freilich gab es auch schon Märkte, die schrumpften, wie Tschechien oder die Slowakei, berichtet Raiffeisen-Chefanalyst Mag. Peter Brezinschek.
Unterdurchschnittlich entwickelte sich der Export von Tiroler Unternehmen: Statt dem ursprünglich erhofften Rekord gab es 2013 ein zweiprozentiges Minus auf 10,87 Milliarden Euro. Das lag vor allem an der Nähe zu Italien, einem Markt, der sich im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008 besonders angeschlagen zeigt.
Und wie läuft es heuer im internationalen Geschäft? „Das außenwirtschaftliche Umfeld hat sich in den letzten Monaten eingetrübt. Denn die schwächelnde Konjunktur in der Eurozone lässt die Nachfrage nach Produkten ,Made in Austria‘ geringer ausfallen. Zwar konnte in den ersten sieben Monaten ein Exportwachstum von immerhin noch 1,2 Prozent – auf das ganze Jahr gerechnet – verzeichnet werden. Allerdings nimmt sich dies im historischen Vergleich eher bescheiden aus“, kommentiert Brezinschek. „Überdies hat die Dynamik in den letzten Monaten nachgelassen. So belief sich das Exportwachstum im Juli auf nur noch 0,3 Prozent p. a. Dabei ist das Wachstum der Exporte in die Eurozone mit 0,4 % p. a. in den ersten sieben Monaten deutlich hinter dem Gesamtwachstum zurückgeblieben“, so Brezinschek.
Spürbare Ukraine-Krise.
Natürlich: Die Ukraine-Krise hinterließ Spuren. Die Ausfuhren nach Russland sind in den ersten sieben Monaten um 12,7 % p. a. zurückgegangen. „Allerdings muss im Hinterkopf behalten werden, dass der Russland-Export bereits seit Oktober 2013 deutlich rückläufig ist und damit lange bevor der militärische Konflikt in der Ost-Ukraine ausgebrochen ist“, gibt Brezinschek zu bedenken.
Doch es lassen sich auch positive Entwicklungen aus der Außenhandelsstatistik ablesen. Denn neben dem einmal mehr robusten Wachstum der Güterausfuhren nach Asien gestaltete sich im bisherigen Jahresverlauf auch der Export nach Zentraleuropa erfreulich. Deutliche Steigerungen in den ersten sieben Monaten verzeichnete beispielsweise der Export nach Polen (+7,7 % p. a.), Ungarn (+7,5 % p. a.) und Tschechien (+4,9 % p. a.).
Davon haben auch Tiroler Unternehmen profitieren können, wenngleich man in Tirol den erhofften Gesamtaufschwung im Exportgeschäft stark relativieren wird müssen, sagt Gregor Leitner, Chef der Abteilung Außenwirtschaft in der Wirtschaftskammer Tirol. Vier bis fünf Prozent Wachstum, wie vor Monaten noch erhofft, wird es nicht geben. „Deutschland, wo 30 Prozent der Tiroler Exporte hingehen, ist nicht mehr die Konjunkturlokomotive wie noch vor Kurzem.“ Der italienische Markt schwächelt weiter (zehn Prozent der Tiroler Exporte gehen dorthin), und der Schweizer Markt, der in den letzten Jahren an Bedeutung zugelegt hat (16 Prozent der Tiroler Exporte gehen schon zu den Eidgenossen), stagniert seit einiger Zeit.
„Russland ist mit einem Exportanteil von 2,8 % der zehntwichtigste Exportmarkt österreichischer Unternehmen – nicht mehr und nicht weniger. Es gibt also noch neun Staaten, die für den österreichischen Außenhandel eine höhere Bedeutung haben.“
Peter Brezinschek, Raiffeisen-Chefanalyst
Übertriebene Ängste.
„In den kommenden Monaten werden für die österreichischen Exporteure die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Denn das konjunkturelle Umfeld in der Eurozone – mit einem Exportanteil von über 50 % die mit Abstand wichtigste Exportregion – bleibt weiterhin herausfordernd“, sagt Raiffeisen-Chefanalyst Brezinschek: „Allerdings halten wir die derzeit für die Eurozone diskutierten Rezessionsängste für übertrieben. Besonders in Deutschland sind die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Aufschwungs weiterhin gegeben. Hinzu kommt die boomende Konjunkturentwicklung in den USA und in Großbritannien – immerhin die dritt- und achtwichtigsten Exportdestinationen Österreichs.“
Überdies dürfte sich die positive Entwicklung der Ausfuhren nach Zentraleuropa aufgrund der robusten Konjunkturdynamik fortsetzen, glaubt Brezinschek: „Auch wenn sich die Exporte in den nächsten Monaten nochmals schwächer entwickeln sollten, ist daher mittelfristig wieder mit einer Belebung der Ausfuhren zu rechnen, die jedoch vergleichsweise verhalten ausfallen sollte.“
Im Russland-Geschäft jedenfalls werden sich die von der EU verhängten Handelsbeschränkungen schmerzhaft auswirken. Wobei: „Es sind weniger die direkten Folgen der Sanktionen als die psychologisch negative Wirkung“, sagt Leitner. Brezinschek relativiert freilich: „Es darf nicht vergessen werden: Russland ist mit einem Exportanteil von 2,8% der zehntwichtigste Exportmarkt österreichischer Unternehmen – nicht mehr und nicht weniger. Es gibt also noch neun Staaten, die für den österreichischen Außenhandel eine höhere Bedeutung haben.“
Tiroler Know-how für China?
Die Wirtschaftskammer hat im Herbst ein Förderprogramm gestartet, das jenen Firmen helfen soll, die durch die Russland/Ukraine-Krise betroffen sind. Die Aktion soll Unternehmen helfen, auf noch nicht bearbeiteten Alternativmärkten Fuß zu fassen.
Welche Alternativmärkte das sein können? Von den immer wieder gerne zitierten starken BRIC-Ländern (Brasilien, Russland, Indien, China) gibt derzeit eigentlich nur China Hoffnung auf deutlich steigende Geschäfte, sagt Leitner. Freilich ist das Volumen der Tiroler Exporte noch eher sehr gering. China-Exporte machen weniger als zwei Prozent der Tiroler Gesamtexporte aus.
Dennoch gibt es hier Möglichkeiten: „Tiroler Know-how in Sachen Erneuerbare Energien und Umwelttechnologien eröffnet Chancen, auf dem Wachstumsmarkt China erfolgreich Fuß zu fassen“, bilanziert Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frisch-auf nach einer Sondierungsreise mit der größten Wirtschaftsdelegation aus Österreich, die jemals China besucht hat. Das offizielle Ziel ist, das Handelsvolumen zwischen Österreich und China zu verdoppeln. „Davon sollen auch Tiroler Unternehmen profitieren“, so die Landesrätin.
„Damit Tirol auch in Zukunft ein starker Wirtschaftsstandort bleibt, müssen wir neue Märkte erschließen“, meint Zoller-Frischauf. Die Außenwirtschaft Austria der Wirtschaftskammer Österreich und die Raiffeisenbanken stehen dabei mit Rat und Tat zur Seite.
„Damit Tirol auch in Zukunft ein starker Wirtschaftsstandort bleibt, müssen wir neue Märkte erschließen.“
Patrizia Zoller-Frischauf, Tiroler Wirtschaftslandesrätin