Beliebt und wirtschaftsbelebend: Tirols Regionalgelder
Städtische oder regionale Gelder wie der Haller Guldiner, der Kufsteiner Dukaten oder der Wildschönauer Drachentaler erfreuen sich steigender Beliebtheit. Nicht ohne Grund. Schließlich stärken sie die regionalen Wirtschaftskreisläufe.
or allem seit der Finanz- und Euro-Krise blühen solche regionalen Gelder auf, hat Dr. Daniela Pfennig festgestellt. Pfennig, in der Abteilung Kommunikation der Raiffeisen-Landesbank Tirol AG tätig, hat eine wissenschaftliche Arbeit über die regionalen Währungen in Tirol geschrieben und einen guten Überblick.
Die Pioniere in puncto Regionalwährung waren freilich schon lange vor der Finanzkrise aktiv. Die Haller Kaufmannschaft mit Otto Willburger als initiatorischem Kopf hat bereits 1995 in Kooperation mit der Raiffeisen Regionalbank Hall, damals unter Direktor Karl Seiwald, den ersten Haller Guldiner als Münze herausgebracht – vor allem gedacht als Geschenkmünze zu Weihnachten.
„Das war damals allerdings gar nicht so einfach“, berichtet Peter Grassl, Vorstand der Raiffeisen Regionalbank Hall. „Die Nationalbank verlangte eine Haftung für die neue ‚Währung‘.“ Doch das Engagement aller Beteiligten führte zum erfolgreichen Start des Guldiners. Mit ihm kann man in praktisch allen Innenstadtgeschäften, Betrieben, Cafés und Gasthäusern der Münzstadt bezahlen.
Mit einer Startauflage von 5.000 Stück, was einer in Hall gebundenen Kaufkraft von 36.336 Euro entsprach, wurde eine Umschlaghäufigkeit von drei pro Jahr erreicht.Nach der Ablösung des Schillings durch den Euro führten die Haller den ersten 10-Euro-Guldiner in einer Gesamtauflage von 20.000 Stück ein. Damit wurde die gebundene Kaufkraft auf 200.000 Euro verfünffacht.
Und 2013 schließlich kam der 50er dazu – in einer Auflage von 2.000 Stück, was noch einmal 100.000 Euro gebundener Kaufkraft bedeutete.
Die Guldiner werden in edlem Alpacca-Neusilber geprägt und „machen einen sehr werthaltigen Eindruck“, wie Caroline Schneider vom Stadtmarketing sagt. Erhältlich sind die Haller Guldiner beim Tourismusverband und der Raiffeisen Regionalbank. „Die Münzen sind von Jahr zu Jahr stärker gefragt. Etliche Innenstadtunternehmen berichten von Impulsen durch den Guldiner, z. B. die Optiker“, bestätigt Peter Grassl. „Der Guldiner hat sich etabliert“, unterstreicht auch Anny Franzelin vom Haller Stadtmarketing.
Neuer Business-Guldiner.
Jetzt haben die Haller eine weitere Raketenstufe gezündet. Bisher richteten sich die Haller Guldiner an Konsumenten. Jetzt gibt es auch für Unternehmen die Möglichkeit, Guldiner im größeren Stil zu erwerben und sie den eigenen Mitarbeitern als Bonus oder als Weihnachtsgeschenk zu übertragen. Das Besondere dabei: Die Unternehmen bekommen die Guldiner mit fünf Prozent Rabatt, den die Haller Innenstadtkaufleute finanzieren. Der Zusatzvorteil: Weihnachtsgeschenke sind in Form von Gutscheinen wie dem Haller Guldiner laut § 3 (1) Z 14 Einkommensteuergesetz jährlich in der Höhe von 186 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei.
Kufsteiner Dukaten, Brixentaler usw.
In Tirol gibt es noch etliche andere erfolgreiche Regionalgelder, etwa die Innsbrucker Innenstadt/Altstadt-Münzen im Stückwert von 10 und 50 Euro. Kunden können damit nicht nur in über 200 verschiedenen Geschäften der Innen- und Altstadt einkaufen, sondern auch genussvoll in Restaurants essen gehen. Erhältlich sind sie in allen Innenstadt-Banken und außerhalb der Banköffnungszeiten in der Tyrolia, bei Zelger, bei der Innsbruck Info und im The North Face-Store in den Rathausgalerien.
Auch der Kufsteiner Dukaten ist ein Erfolgsmodell. Einlösen kann man ihn in mehr als 150 Geschäften in der Stadt.
Die Münzen im Nennwert von zehn Euro bekommt man bei den Banken in der Innenstadt. Dazu gibt es kostenlose Geschenkverpackungen und den aktuellen Einkaufsführer mit vielen Shopping-Tipps für die Festungsstadt.
Der Brixentaler wurde von den Kaufleuten der Gemeinden Westendorf, Brixen und Kirchberg ins Leben gerufen. Mit der Münze kann man in mehr als 230 Mitgliedsbetrieben in der Region wie mit Bargeld bezahlen. Erhältlich ist sie u. a. bei den Raiffeisenbanken in Westendorf, Brixen und Kirchberg. Die Kaufmannschaften haben den Taler auch als Papiergeld herausgebracht – als „Brixentaler 20 Euro Schein“. Dieser ist mit umfangreichen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet.
Regionalgelder erzeugen ein gewisses „Wir-Gefühl“ und werden zum Teil sogar als positiv gesehene Komplementärwährung zum Euro wahrgenommen.
Mag. Herbert Sammer, Vorstand der Raiffeisenbank Westendorf, bestätigt, dass der Brixentaler gut ankommt. Die Raiffeisenbank unterstützt das Regionalgeld, indem sie seine Verteilung übernimmt sowie durch Sponsoringbeträge. Treibende Kraft im Brixental war und ist Franco Angerer, der sich der Stärkung der Region verschrieben hat: „Wir glauben an den ländlichen Raum.“
Drachentaler und Silberzehner.
Der Wildschönauer Drachentaler wurde im Herbst 2010 ins Leben gerufen. In kürzester Zeit waren mehr als 10.000 Stück in Umlauf gebracht. Auch hier war das Leitmotiv: „Geld in der Region ausgeben und nicht gedankenlos in die Ferne tragen.“
Für die Gestaltung gab es einen Wettbewerb der Hauptschüler. Das Besondere am Wildschönauer Drachentaler: Zehn Prozent des Erlöses kommen einem regionalen Sozialprojekt zugute.
Besonders hochwertig gestaltet ist auch der Schwazer Silberzehner. Er ist aus echtem Silber und wird von allen Schwazer Betrieben und Geschäften akzeptiert. Er hat sich als „Stadtwährung“ der Silberstadt längst etabliert und sich als beliebtes Geschenk einen Namen gemacht.
Ein Regionalgeld der besonderen Art ist die „Tiroler Stunde“: Bei ihr ist die Zeit die Maßeinheit. Die Münze wurde 2007 vom Trägerverein „Tiroler Stunde für regionale Wirtschaft“ in Kooperation mit kirchlichen Einrichtungen, Kleinbetrieben und Bildungsinstituten initiiert und umgesetzt. Sie wird als Dank für gemeinnützige Tätigkeiten in Umlauf gebracht.
Ein Verein kann damit z. B. seinen Mitarbeitern danken.
„Wir-Gefühl“.
Warum kommen Regionalgelder so gut an? „Es ist ein beliebtes Geschenk in Zeiten, in denen viele nicht wissen, was sie schenken sollen“, sagt Halls Stadtvermarkterin Franzelin. Regionalgelder erzeugen aber auch ein gewisses „Wir-Gefühl“ und werden zum Teil sogar als positiv gesehene Komplementärwährung zum Euro wahrgenommen, weiß Daniela Pfennig. Zudem stärken Regionalgelder das Gefühl, ein besonders verantwortungsvolles Konsumverhalten zu zeigen und gesellschaftliche Akzente setzen zu können.