Nutzen bauen
In Ramsau im Zillertal entsteht auf einem Grundstück der Raiffeisenbank ein Bauprojekt mit Vision. Als Genossenschaft strukturiert, soll die Anlage nicht nur Ertrag generieren, sondern auch einen sozialen Beitrag leisten und zur Lebensqualität in der Region beitragen.
Wenn das Bauprojekt abgeschlossen ist, werden hier vier Gebäude mit Wohn- und Gewerbeflächen sowie zwei Tiefgaragen Platz gefunden haben.
ls im Juni 2015 das Lagerhaus der Raiffeisenbank Hippach auf ein neu errichtetes Betriebsgelände umzog, war die Zukunft des ursprünglichen Standorts ungewiss. Da auf das Lagerhaus-Konzept maßgeschneidert, war eine Weitervermietung des Gebäudes unrealistisch. Brach liegen sollte das Areal aber genauso wenig. „Anfänglich war eine Vergabe des Baurechts angedacht“, erzählt Peter Gomig, Geschäftsführer der Raiffeisenbank Hippach. Ein Bauunternehmen wurde zwar gefunden, doch die Verhandlungen verliefen nicht zufriedenstellend. „Außerdem entsprach der Entwurf weder unseren Vorstellungen, noch denen der Gemeinde.“ Weil die Pläne ein dicht bebautes Areal vorsahen, das nicht ins Ortsbild gepasst hätte, wurden die Gespräche abgebrochen.
Stattdessen beschloss die Raiffeisenbank Hippach, das Vorhaben selbst in die Hand zu nehmen – mit einem ambitionierten Ziel.
Mehr als nur Profit
„Rentabilität war in der Planung natürlich ein Thema“, erklärt Gomig. „Aber das sollte nicht der alleinige Zweck sein. Vorrangig wollen wir Nutzen stiften.“ Deswegen entschied sich die Raiffeisenbank Hippach für ein Wohnbauprojekt mit Gewerbeflächen im Erdgeschoss: leistbare Wohnungen, in Eigenregie errichtet – von der Region, für die Region. Um diesen Gedanken als Grundpfeiler zu etablieren, wurden sämtliche Aufträge an Zillertaler Unternehmen vergeben – einzige Ausnahme: die Aufzüge, für die sich kein Anbieter vor Ort finden ließ.
Um den regionalen Aspekt langfristig zu garantieren, wurde beschlossen, das Projekt aus der Bank auszugliedern und in Form einer Genossenschaft mit Ertrags- und Substanzbeteiligung umzusetzen. „Damit bieten wir unseren Mitgliedern eine Beteiligungsmöglichkeit inklusive Altersvorsorge – und darüber hinaus. Denn die Anteile sind unter anderem auch vererbbar.“ Zudem haben die Investoren so bereits den Weg für ihren Rückzug aus dem Projekt geebnet, „um es gewissermaßen der Öffentlichkeit zu übergeben“, meint Gomig. So wurde die Raiffeisen Hippach Miteinander eGen ins Leben gerufen, der Spatenstich folgte im November 2017.
„Rentabilität war in der Planung natürlich ein Thema. Aber das sollte nicht der alleinige Zweck sein. Vorrangig wollen wir Nutzen stiften.“
Peter Gomig, Geschäftsleiter Raiffeisenbank Hippach u. Umgebung eGen
Lebensraum schaffen
Drei der vier Gebäude, die die Anlage umfasst, werden noch im Oktober 2018 fertiggestellt. Das vierte soll im Frühjahr 2019 den Mietern übergeben werden. Geplant sind rund 50 Wohnungen mit Größen zwischen 30 und 75 m2. Dazu kommen zwei Tiefgaragen mit 61 Stellplätzen und eine in acht Einheiten unterteilte Gewerbefläche, „die wir schon vor Baubeginn nahezu zur Gänze und ohne Werbeaufwand vermieten konnten“, sagt Gomig nicht ohne Stolz. Dort werden unter anderem MPREIS mit der Marke T&G sowie Hörtnagl, die Bäckerei EZEB und Zillertaler Hausmannskost vertreten sein, womit die Nahversorgung gewährleistet ist.
Dazu kommt der Radsport-Spezialist DEMA Bike, und auch die Raiffeisenbank Hippach wird nach der Fertigstellung einziehen.
Vorausgedacht
Ebenfalls als Mieter unterschrieben hat die Lebenshilfe Tirol. Sie wird nicht nur eine Werkstatt, sondern auch mehrere Wohnungen mit betreutem Wohnen einrichten. „Allerdings ohne eine ‚Gettoisierung‘“, beschreibt Gomig das Konzept. „Es wird nicht das ‚Lebenshilfe‘-Stockwerk geben. Die betreuten Wohnungen werden gänzlich in den regulären Wohnbereich integriert.“ Darauf aufbauend wurde beschlossen, alle vier Gebäude behindertengerecht auszustatten. Dank breiterer Türen, barrierefreier Badezimmer und mehr kann nicht nur das Angebot ganz nach Bedarf erweitert werden.
Die Wohnungen sind auch bestens für ältere Mieter ausgestattet.
Aufgrund dieser Ausstattung besteht bereits eine Erstzusage der Wohnbauförderung Tirol, damit kann die Genossenschaft zukünftigen Mietern einen Annuitätenzuschuss für 15 Jahre sichern. In den ersten sieben Jahren erhalten diese 1,40 € pro Quadratmeter, die folgenden acht Jahre 0,70 €. Dabei muss der Spagat zwischen günstiger Miete und „wirtschaftlicher Vertretbarkeit für den Bauherrn“ gemäß den Richtlinien der Tiroler Wohnbauförderung gemeistert werden. „Das wird noch eine riesige Herausforderung“, bestätigt Gomig. „Aber damit gelingt es, die Mieten noch einmal leistbarer zu gestalten – ganz im Sinne des Projekts.“
Das Unternehmen in Zahlen:
Raiffeisenbank Hippach
Baumasse: 35.000 m3
Wohnfläche: 2.500 m2/rund 50 Wohnungen
Gewerbefläche: 3.400 m2
Parkraum: 2 Tiefgaragen mit 61 Stellplätzen
Projektvolumen: 12 Mio. Euro€ Bereits feststehende gewerbl. Mieter: MPREIS, EZEB, Zillertaler Hausmannskost, Hörtnagl, DEMA Bike, Raiffeisenbank Hippach, Lebenshilfe Tirol
Bauliche Besonderheiten: Auftragsvergabe nahezu ausschließlich an Zillertaler Unternehmen, Photovoltaikanlage, Klimatisierung der Gewerbeflächen durch Erdwärme/-kälte, behindertengerechte Badezimmer, verbreiterte Türstöcke, barrierefreie Bauweise