Die Zahlen im Griff

Die Zahl der Insolvenzen in Österreich ist laut KSV1870 im 1. Halbjahr 2014 mit 2.849 betroffenen Unternehmen leicht (+ 1,1 %) angestiegen. In Tirol waren es 196 Unternehmen mit Passiva von 58 Mio. Euro, im Vergleichszeitraum 2013 wurden noch 223 (67 Mio. Euro) gezählt.
Zur Zahlungsunfähigkeit führt allzu oft fehlende Liquidität.

Foto: WK Tirol
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rotz schwacher Wirtschaftsdynamik ist es laut Stefan Garbislander, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik und Strategie der Wirtschaftskammer Tirol, aufgrund des sehr niedrigen Zinsniveaus zu keinem massiven Anstieg der Insolvenzen gekommen. „Wir gehen davon aus, dass, solange die Zinsen derart niedrig bleiben, auch keine ‚Insolvenzwelle‘ droht.“ Die Insolvenzentwicklung steht dabei in engem Zusammenhang mit der Liquiditätssituation. Unternehmen, die stabil durch die schwierigen Jahre seit 2008 gekommen seien, hätten zum Teil ihre Liquiditätspolster sogar verbessert. „Zunehmende Liquidität gilt als Sicherheitspolster für unvorhersehbare wirtschaftliche Entwicklungen“, so Garbislander.

 

Dass allein die konjunkturelle Entwicklung zur Zahlungsunfähigkeit führe, sei in der Regel nicht der Hauptgrund einer Insolvenz, meint auch Klaus Schaller, Leiter der Niederlassung Innsbruck des Kreditschutzverbands (KSV) von 1870. „Ein Abschwung der Wirtschaft lässt die bestehenden Krisen im Unternehmen nur schneller offen zutage treten.“ Liquiditätsprobleme entwickelten sich oftmals schleichend, weiß Schaller. Zu Beginn des Niedergangs eines Unternehmens stehe zumeist eine Strategiekrise, danach oder gleichzeitig komme es zu einer Rentabilitätskrise im Betrieb. „Diese Probleme führen letztlich in die Liquiditätskrise und das Unternehmen wird zahlungsunfähig“, so der KSV-Vertreter.

 

Rüstzeug fehlt.

Probleme würden oft zu spät (oder gar nicht) erkannt. Gründe dafür seien zumeist lückenhafte betriebliche Aufzeichnungen des Unternehmers. „Dieses Manko treffen wir häufig im Baunebengewerbe oder bei den Kleintransporteuren an. Das notwendige wirtschaftliche Rüstzeug ist in diesen Branchen bei den handelnden Personen häufig einfach nicht vorhanden“, meint Schaller.

 

Einmal in der Liquiditätskrise, fließen kaum oder überhaupt keine Gelder mehr zu. „Die Kassen sind leer, die Kreditlinien sind gesperrt und eine Vielzahl von Gläubigern will kurzfristig ihr Geld. Der Weg in die Insolvenz ist unausweichlich“, umreißt Schaller. Unerlässlich sei es deshalb, dass der Unternehmer seine Zahlen im Griff habe. „Nur so kann er die Entwicklung seines Betriebs richtig einschätzen.“ Eine ordentliche Liquiditätsplanung unter Bedachtnahme auf Rückzahlungsfristen bei Fremdkapital sei zur Absicherung eines langfristigen wirtschaftlichen Erfolges zwingend notwendig.

 

Doch die laut Wirtschaftskammer zunehmenden Liquiditätspolster gehen auch auf Kosten der betrieblichen Investitionen. „Wir beobachten schon seit Jahren eine sehr niedrige Investitionsneigung in der (Tiroler) Wirtschaft. Wenn, dann werden Ratio-nalisierungs-Investitionen durchgeführt; Erweiterungs-Investitionen stehen nach wie vor nur sehr selten auf der Agenda der Betriebe“, so Garbislander. Entscheidend sei natürlich, dass sich Investitionen wirtschaftlich rechnen.

 

Was man als Unternehmer zum Thema Liquiditätsmanagement wissen sollte, erfahren Sie in diesem Artikel.

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Stefan Garbislander, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik
und Strategie der Wirtschaftskammer Tirol

„Wir gehen davon aus, dass, solange die Zinsen derart niedrig bleiben, auch keine ‚Insolvenzwelle‘ droht.“