Kunden sind die beste Werbung

Businesscoach und Autorin Anne Schüller befasst sich seit Jahren mit der Entwicklung der Wirtschaft in einer modernen, immer digitaler werdenden Welt. Im Fokus ihrer Bücher und Workshops stehen Kundenloyalität, Empfehlungsmarketing und das so genannte Touchpoint-Management. Im Interview verrät sie, wie sich die Beziehung zwischen Verkäufer und Kunden verändert hat und worauf es in der modernen Geschäftswelt ankommt.

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rau Schüller, Sie setzen sich in Ihren Büchern und Workshops nicht zuletzt mit dem „neuen Kunden“ auseinander. Was macht ihn aus und wie unterscheidet er sich vom klassischen Käufer? Schüller: Die Hochzeit zwischen dem Social- Web und dem mobilen Internet hat uns in eine neue Lebens- und Arbeitswelt katapultiert. Vor allem der Turbo-Boom der Smartphones, Tablet-Computer und Apps verändert mit atemberaubender Geschwindigkeit die Art und Weise, wie wir Dinge tun. Zudem werden die Menschen mit dem kompletten Online-Wissen nahezu überall auf der Erde in Echtzeit vernetzt. Diese neue Konstellation hat das Kräfteverhältnis zwischen Anbietern und Nachfragern auf den Kopf gestellt. Das „Reh“ hat nun die Flinte in der Hand. Von ehemals unersättlichen Konsumenten wandeln sich die Kunden zu verantwortungsvollen Weltenbürgern. Und bei der Entscheidungsfindung hören sie nicht mehr den Unternehmen zu, sie lassen sich vielmehr von den Ratschlägen Dritter leiten, die sie in Foren und auf Meinungsportalen im Internet finden.

„Empfehler sind die besten Verkäufer. ‚Sei wirklich gut und bring die Leute dazu, das engagiert weiterzutragen‘, so lautet das neue Business-Mantra.“

Anne Schüller, Businesscoach

Wie Sie schreiben, ist der Kunde von heute der beste Vermarkter. Was macht ihn zu einem so unersetzlichen Instrument? Eine aktuelle Nielsen-Studie sagt, dass die Österreicher zu 85 Prozent auf Empfehlungen von Menschen aus ihrem Umfeld vertrauen, zu 64 Prozent den Online-Bewertungen, aber nur zu 50 Prozent dem, was Anzeigen erzählen, und nur zu 45 Prozent den TV-Werbespots. Damit ist eigentlich schon alles gesagt: Empfehler sind die besten Verkäufer. „Sei wirklich gut und bring die Leute dazu, das engagiert weiterzutragen“, so lautet das neue Business-Mantra.

 

Hat die bisherige, konventionelle Verkaufsstrategie also ausgedient? Na ja, sie funktioniert schon noch ein bisschen, aber das Empfehlungsmarketing ist ganz einfach wirkungsvoller. Und auch kostengünstiger.

 

Sie benutzen in Ihren Büchern die Begriffe „Touchpoints“ und „Touchpoint Management“. Was kann man sich darunter vorstellen? Ein Touchpoint ist ein Berührungspunkt zwischen Kunde und Unternehmen, an dem sich in den „Momenten der Wahrheit“ zeigt, was die Versprechen eines Anbieters tatsächlich taugen. Das kann in direkter Form passieren, also bei einem Beratungsgespräch, einem Telefonat oder einem Werbebrief. Und zunehmend eben auch online und mobile.

 

Im Touchpoint Management geht es darum, den Kunden auf seiner „Reise“ durch das Unternehmen zu begleiten und an allen Berührungspunkten für eine begeisternde Erfahrung zu sorgen, über die er gerne spricht. Alles wird dabei aus dem Blickwinkel des Kunden betrachtet und für ihn optimiert.

 

Social-Media-Marketing war ursprünglich ein Betätigungsfeld großer Konzerne mit großen Budgets. Inwieweit ist das Feld auch für klein- und mittelständische Unternehmen interessant? Ich unterscheide zwischen aktivem und passivem Social-Media-Marketing. Das passive ist heute Pflicht. Dabei wird beobachtet, was die Menschen über einen Anbieter und seine Leistungen im Internet sagen. Das sollte ein Unternehmer genauso selbstverständlich tun, wie er seine Geschäftskorrespondenz liest und die Umsatzzahlen checkt. Über Google Alerts und ähnliche Dienste ist dies sogar weitgehend kostenlos möglich.

 

Beim aktiven Social-Media-Marketing braucht ein Unternehmen einen Plan. Zunächst muss es wissen, wo seine Zielgruppen sind. Sind sie auf Facebook & Co, dann kann eine Unternehmensseite dort sinnvoll sein. Dazu muss man aber genau überlegen, was man der Community überhaupt sagen will, ob die das interessiert und ob man auf Dauer überhaupt genug Erzählstoff und Zeit dafür hat.

Fünf Tipps für den Weg in die „Geschäftswelt 2.0“

 

1. Selbst Empfehler werden

Sprechen Sie Empfehlungen für Angebote in Ihrem Umfeld aus. So fällt es leichter, die Motivation eines Empfehlers zu verstehen und Begünstigte werden Ihnen Ihre Empfehlung bei Gelegenheit vergelten.

 

2. Um Empfehlungen bitten

Der Hinweis auf die Möglichkeit, eine Empfehlung abzugeben, genügt zufriedenen Kunden oft schon als Motivation.

 

3. Engagement im Social Web

Gute Beiträge werden verlinkt und tragen so zur Sichtbarkeit bei – egal ob als Blog, Tweet, Kommentar oder in Foren. Beweisen Sie Kompetenz und halten Sie sich mit Eigenwerbung zurück.

 

4. Kunden zu Werbeträgern machen

Fans die Möglichkeit zu geben, sich zu Ihrer Marke zu bekennen, steigert die Bekanntheit. Dafür bietet sich alles an, was den Firmennamen und/oder das Logo öffentlich zeigt, wie zum Beispiel Aufkleber.

 

5. Einzigartig sein

Werden Sie zum Gesprächsstoff. Tun Sie etwas Überraschendes, Faszinierendes, Spektakuläres und in Ihrer Branche Einzigartiges. Eine geniale Idee, die unauslöschlich mit Ihrem Namen verbunden ist, bleibt lange im Gedächtnis und verbreitet sich wie ein Lauffeuer.

 

Quelle: Empfehlungsmarketing.cc

Die Entwicklung im Web-Marketing und im Social-Media-Bereich geht immer schneller vonstatten. Welche Trends sehen Sie für die Zukunft? Das Web rückt uns immer näher. Bislang tragen wir es in der Hand- oder Hosentasche. Brillen und digitale Uhren sind auch schon da. Die ersten Menschen sind durch Implantate sogar schon mit dem Web verbunden. Viele Konsumenten sind auf dem Weg, „Sharer“ und „Maker“ zu werden, das heißt, sie kaufen nicht neu, sondern sie teilen sich das, was sie brauchen, mit Dritten. Oder sie produzieren es selbst. Die meist webbasierte „Share-Economy“ wird das ohnehin dürftiger werdende Wachstum auf ganz neue Weise bedrohen. Und der Selbermachen-Trend, der durch die aufkommenden 3D-Drucker begünstigt wird, wird völlig neue Geschäftsmodelle kreieren.

 

Vielen Dank für das Gespräch.