Intelligente Werkzeuge

Künstliche Intelligenz – kurz KI – ist in aller Munde. Mittlerweile gibt es kaum mehr eine Branche, die nicht mit ihrem Einsatz liebäugelt. In Tirol bieten sich solche Lösungen unter anderem besonders im Tourismus an. Das Tiroler IT-Unternehmen feratel ist hier ganz vorne mit dabei.

Fotos: feratel, G. Berger/feratel, Franz Oss
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uch wenn sie das Schlagwort der Stunde ist: Neu ist künstliche Intelligenz nicht – „zumindest nicht im weiteren Sinne“, sagt Markus Schröcksnadel, Vorstand des Tiroler Tourismus-IT-Anbieters feratel. „KI gibt es seit den Anfängen der Informationstechnologie.“ Neu sei „nur“ die exponentielle Weiterentwicklung. „Mehr Rechenleistung, mehr Speicherkapazität, mehr Rohdaten: All das schafft immer breitere praktische Anwendungsmöglichkeiten für KI und macht ihren Einsatz zunehmend leistbar.“

Vorne mit dabei

Verschließen kann sich dem niemand – oder sollte es nicht, wenn er konkurrenzfähig bleiben will, ist Schröcksnadel überzeugt. Deswegen baut feratel seit einigen Jahren nicht nur auf den Einsatz von KI, sondern ist auch in der Entwicklung tätig. „KI ist ein Werkzeug“, sagt er. „Das grundsätzliche Geschäftsmodell bleibt im Tourismus dasselbe. Aber die Möglichkeiten, Daten zu bearbeiten, zu analysieren und zur Verfügung zu stellen, verändern sich.“ Die Entwicklung treibt feratel gemeinsam mit dem Chatbot-Developer Onlim voran und ist darüber hinaus, gemeinsam mit der Universität Innsbruck, auch am Forschungsprojekt mindLab beteiligt.

„Künstliche Intelligenz bedeutet nicht zwangsläufig weniger Arbeit für die Touristiker. Aber Routine­aufgaben auf Software zu übertragen, spart Zeit, um sich auf Wichtigeres zu konzentrieren.“

Markus Schröcksnadel, Vorstand feratel

Alles im Blick

Touristiker profitieren von KI auf mehreren Ebenen. Zum einen bietet sie breit gefächerte Möglichkeiten zur Analyse. Denn Software, die eigenständig Informationen beurteilt und aufbereitet, macht das Auswerten großer Datenmengen erst möglich. „Früher gab es überspitzt gesagt einen Datensatz“, meint Schröcksnadel: „Wo ist ein Zimmer frei?“ Diese Information bleibt wichtig, wird dank Digitalisierung aber um eine Unmenge weiterer Informationen ergänzt. „Von Herkunftsmärkten und Ferienkalendern über Preisniveaus bis hin zum Wetter und mehr.“ Lösungen, wie sie feratel anbietet, verknüpfen aktuelle und vergangene Daten. So können der Status quo abgebildet und Prognosen getroffen werden. „Liegen ausreichend Daten vor, werden daraus Muster erkennbar“, erklärt der Experte. So hilft KI unter anderem, die Preisgestaltung zu optimieren und die Wertschöpfung zu steigern.

 

um anderen hat KI einen Level erreicht, auf dem sie im einfachen Maß auch natürliche Sprache beherrscht. Im Hotel kann sie so bei der automatischen Beantwortung von Buchungsanfragen mit Menschen interagieren oder live auf der Website als Chatbot Auskünfte erteilen. „Das bedeutet nicht zwangsläufig weniger Arbeit für die Touristiker“, meint Schröcksnadel. „Aber Routineaufgaben auf Software zu übertragen, spart Zeit, um sich auf Wichtigeres zu konzentrieren.“

„Die Intelligenz lernender Software hängt immer davon ab, welche Informationen ihr als ‚Lernmaterialien‘ zur Verfügung stehen.“

Markus Schröcksnadel, Vorstand feratel

Digitaler Concierge

Das bringt auch Gästen etwas. Anfragen werden rund um die Uhr beantwortet, ohne jedoch das Gefühl zu bekommen, man hätte es mit einer Maschine zu tun. Inzwischen kann KI aber noch deutlich mehr bieten – wie feratel mit PIA, dem „Personal Interests’ Assistant“, beweist. Die Progressive Web App – eine Mischung aus Website und App – dient als digitaler Concierge. Über sie werden nicht nur Check-in, Buchungen und mehr abgewickelt, sondern auch Angebote und Vorschläge präsentiert. Dazu greift PIA auf zwei Datenpools zu – Eventkalender, Wettervorhersagen, Öffnungszeiten von Mountainbike- oder Skirouten und mehr bilden den Grundstock. Die angegebenen Interessen, die Aufenthaltsdauer, andere Angebote, für die sich der Gast bereits interessiert hat, und weitere Faktoren dienen der KI dann als Filter, um daraus einen individuell maßgeschneiderten Mix für jeden User zusammenzustellen.

Datenwert

Das Prinzip ist keine Einbahnstraße. „Die Intelligenz lernender Software hängt immer davon ab, welche Informationen ihr als ‚Lernmaterialien‘ zur Verfügung stehen“, erklärt Schröcksnadel. Deswegen sind die Zugriffsdaten – egal ob von Professionalisten oder Gästen – Gold wert. Sie fließen, selbstverständlich anonymisiert, an feratel zurück. „Diese Daten ermöglichen uns, Produkte und Angebote stetig zu verbessern“, sagt der Geschäftsführer. „Damit tragen die User dazu bei, die Fähigkeiten der Werkzeuge, die wir ihnen bieten, zu verfeinern und zu verbessen.“

Die Schwelle zur Intelligenz

An der Definition der künstlichen Intelligenz scheiden sich die Geister. Stephan Schlögl, Professor am MCI, erklärt, wo die Grenze zur lernenden Maschine liegt.

„Im weitesten Sinne beginnt künstliche Intelligenz dort, wo eine Maschine eine Bobachtung macht – zum Beispiel anhand eines aktivierten Sensors – und dann entsprechend einer vorprogrammierten Anweisung reagiert. Wirklich intelligent ist das allerdings noch nicht. Heute zieht man die Grenze bei der Autonomie: Die ist erreicht, wenn eine Maschine nicht mehr nur vorprogrammierten Befehlen folgt, sondern bei jeder Entscheidung auf eine große Datenmenge – einen Erfahrungsschatz – zurückgreift, um daraus neue Lösungen abzuleiten.“