Krisentaugliches Know-how
Als Europa mit beiden Beinen auf die Bremse trat, kamen ganze Wirtschaftsräume nahezu zum Erliegen. Doch Not macht erfinderisch. Und so haben einige Unternehmen sich nicht nur innovativ an die Krise angepasst, sondern auch zum Kampf gegen die Pandemie beigetragen – auch in Tirol.
igentlich entwickelt Prolicht Beleuchtungssysteme. Wie für viele andere Erzeugnisse besteht für das Licht-Design aus Tirol aktuell eine geringere Nachfrage. Doch Ressourcen brachliegen zu lassen, ist nicht nur wenig wirtschaftlich, sondern nahezu unverzeihlich, wenn das eigene Know-how zur Problemlösung beitragen kann. „Der Anstoß kam von einem Mitarbeiter, dessen Lebensgefährtin Apothekerin ist“, erzählt Prolicht-Geschäftsführer Walter Norz. „Als die Schutzausrüstung knapp geworden ist, haben wir uns angesehen, was sich da machen ließe.“
Schutzkleidung im klinischen und pflegerischen Bereich muss höchsten Anforderungen gerecht werden, sind ihre Träger doch im engsten Kontakt mit Patienten. Lösungen für den regulären Alltag müssen zwar durchdacht und qualitativ hochwertig sein, sind aber einfacher herstellbar. Dabei trat Prolicht auf den Plan: Seit Anfang März stellt das Götzener Unternehmen sogenannte „Faceshields“ und Plexiglas-Schutzschilde her, die zum Beispiel an Kassen zum Einsatz kommen.
„Im direkten Kontakt mit den Benutzern lernen wir schnell, was wir noch besser machen können – und setzen das auch direkt um.“
Walter Norz, GF Prolicht
„Wir haben nicht nur die Anlagen, um die Materialien zu verarbeiten“, meint Norz, „sondern auch 20 Entwicklungsingenieure mit viel Erfahrung und Know-how.“ Planung und Produktion erfolgen alle vor Ort. Damit sind nicht nur Kleinserien kein Problem, sondern auch schnelle Anpassungen. „Bei den Faceshields sind wir schon bei der dritten Version“, meint der Geschäftsführer. „Im direkten Kontakt mit den Benutzern lernen wir schnell, was wir noch besser machen können – und setzen das auch direkt um.“
Großen Gewinn wird Prolicht damit nicht machen. Die Preise decken primär Materialien, Produktion und Arbeitszeit. Profit ist dabei aber auch nicht das Ziel. „Wir wollen vor allem die Mitarbeiter in Lohn und Brot halten“, erklärt Norz. „Und vielleicht auch ein wenig zur Krisenüberwindung beitragen.“ Wirtschaftlich ganz umsonst ist das Projekt allerdings nicht. Starbucks Japan baut mittlerweile auf Qualität aus Tirol: Sämtliche Filialen im ganzen Land sollen dort schon bald mit Schutzschilden von PROLICHT ausgestattet werden.
Mit Kanonen auf Viren
Nicht ganz so schwer hat die Krise das Schwazer Entsorgungs- und Sanierungsunternehmen DAKA getroffen. Aber: „Spüren tun wir es natürlich dennoch“, sagt Matthias Zitterbart, Geschäftsführer der DAKA Schadensanierung. „Gerade im Gastro- und Eventbereich ist der Bedarf drastisch zurückgegangen.“ Dafür tut sich das Tiroler Familienunternehmen in anderen Bereichen hervor. „Hygienemaßnahmen sind deutlich stärker nachgefragt“, erklärt er. „Und ich ahne, dass das zumindest mittelfristig so bleiben wird.“ In den vergangenen Wochen ist DAKA in den Medien mit einer innovativen Idee bereits sehr präsent gewesen. Das Tiroler Familienunternehmen setzt auf umgerüstete Schneekanonen zur großflächigen Desinfektion.
Bei dem „Kaltvernebelung“ genannten Verfahren wird Wasserstoffperoxid als trockener Nebel in der Raumluft verteilt. Er erzeugt keine Feuchtigkeit, wodurch Einrichtung, Elektronik und Anlagen die Behandlung unbeschadet überstehen. So können Fabrikshallen, Verkehrs-Hubs wie Bahnhöfe und mehr in kürzester Zeit komplett desinfiziert werden. „Die Technik ist nichts Neues“, berichtet Zitterbart. „In dem Bereich haben wir jahrelange Expertise und sie wird auch vom deutschen Robert Koch-Institut zur Covid-19-Bekämpfung empfohlen. Nur die Schneekanonen sind ein neuer Aspekt. Aber wir bieten auch Desinfektion mit Handgeräten für kleinere Räumlichkeiten an.“ So können Apotheken oder Hotelzimmer sogar jede Nacht komplett desinfiziert werden.
Für die Zukunft hat DAKA bereits einiges an Plänen – unter anderem Schleusensysteme, wie sie bereits seit Längerem in der Fleischerei-Industrie üblich sind. „Gerade bei Großveranstaltungen oder eventuell auch im Tourismus wird das in Zukunft weiterhin gefragt sein“, ist sich Zitterbart sicher. „Aber auch da bringen wir einiges an Erfahrung mit und hoffen, dass wir in den kommenden Monaten und Jahren unseren Beitrag leisten können.“
„Hygienemaßnahmen sind deutlich stärker nachgefragt. Und ich ahne, dass das zumindest mittelfristig so bleiben wird.“
Matthias Zitterbart, GF DAKA Schadensanierung
Schutz für Übersee
Auch andere Länder haben mit der extremen Verknappung an Schutzkleidung zu kämpfen – nicht zuletzt die USA. Um den Bedarf in der Stadt Detroit, Michigan, zu decken, wandten sich die Behörden an 3CON. Der Automobil-Sonderanlagen-Entwickler aus Ebbs betreibt ein Werk in der nahegelegenen Stadt Wixom, für das in kürzester Zeit ein Fertigungskonzept zur Herstellung von OP-Mänteln entwickelt wurde. Gemeinsam mit ihren 50 Mitarbeitern rüsteten die dort ansässigen zehn Tiroler Fachkräfte die 3CON-Produktionshalle zu einer sterilen Fertigungsstraße um, die im Schichtbetrieb nun wöchentlich bis zu 30.000 der lebensrettenden Schutzmäntel produziert.