Wirtschaftsprognose

2021 bringt die Expansion zurück

Die Covid-19-Pandemie hat Österreichs Wirtschaft stark getroffen. Nun befindet sich das Land erneut im Lockdown. Die Prognosen für das Jahr 2021 von Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen RESEARCH, sind dennoch nicht so düster, wie man meinen könnte. Tatsächlich können Unternehmen die Krise sogar nützen.

Fotos: Günter Kresser
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er erste Lockdown war vor allem für den Handels-, den Verkehrs- und den Beherbergungs- und Gastronomiesektor ein herber Schlag. „Das hat die Wirtschaft in die Knie gezwungen“, sagt Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen RESEARCH. Österreich war aufgrund seines großen Dienstleistungssektors sogar stärker betroffen als manch andere Länder der Eurozone. Einige Branchen konnten dennoch ein wenig zulegen, vor allem Betriebe im Kommunikations- und IT-Bereich. Das liegt unter anderem am Trend zum Home-Office. „Es gab eine differenzierte Entwicklung“, erklärt Brezinschek. Differenziert betrachten muss man auch die Prognosen für das kommende Jahr: Viel hängt von den Beschlüssen der politischen Entscheidungsträger ab. Je nachdem wie richtig man diese eingeschätzt hat, kann man mit einer Bestätigung der Prognosen rechnen.

2021 birgt Chancen

Die Vorhersagen sind durchaus nicht so finster, wie ein zweiter Lockdown zunächst suggeriert. Die Erholung zum Ausgangsniveau wird zwar Jahre dauern, für 2021 wird aber eine Expansion vorausgesagt: Bereits im ersten Quartal könnte die Wirtschaft wieder um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zulegen, im zweiten und dritten um je 1,5 Prozent und im vierten Quartal um 0,6 Prozent. Mit Grund dafür sind der Aufhol- und der darauffolgende Normalisierungsprozess, wenn Restriktionen gelockert werden. 

 

Während das Jahr 2020 mit einem durchschnittlichen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 7,2 Prozent zu Ende geht, wird für 2021 ein Plus von 3,5 Prozent erwartet. Österreich befindet sich damit knapp unter dem Durchschnitt der Eurozone (+4,3 Prozent). Am härtesten getroffen hat es heuer den Beherbergungs- und Gastronomiesektor: Dort wurde ein Minus von 27 Prozent verzeichnet. 2021 wird dieser aber mit einem prognostizierten Plus von 12 Prozent auch wieder am stärksten zulegen. Für den Verkehrssektor gilt mit −27 Prozent dieses und +10 Prozent kommendes Jahr Ähnliches. Dahinter, aber bereits im einstelligen Bereich, befinden sich Bergbau/Warenherstellung (+5,9 Prozent) und der Handel (+5 Prozent). Letzterer werde 2021 laut Brezinschek wahrscheinlich bis zu zwei Drittel der Verluste vom Vorjahr wettmachen können.

 

Investitionen sind dem Experten nach die nächsten zwei bis drei Jahre aufgrund extrem günstiger Finanzierungsmittel und tiefer bis fallender Realzinsen durchaus anzudenken. Dabei solle man vor allem auf Nachhaltigkeit setzen. Das könne digitales Gut, aber auch etwa ein Passiv-Betriebsgebäude oder die Tendenz zu CO2-Neutralität im Produktionsprozess sein.

Im Oktober sah die alljährliche Prognose des Analysten Peter Brezinschek wenig anders aus als nach Verkündung des Lockdowns.

Was 2021 helfen kann

 

  • Geschäftsmodell an die neuen Rahmenbedingungen anpassen
  • Technischen Fortschritt nutzen
  • Eigenkapital auffüllen
  • Motto: Nachhaltigkeit
  • Auf Mitarbeiter*innenbildung setzen
  • Investitionen sind so günstig wie lange nicht mehr

Zweiter Lockdown veränderte Prognosen kaum

„Ohne einen zweiten Lockdown hätten wir 2020 mit einem Minus von etwa 6,2 Prozent abgeschlossen“, sagt der Analyst. Durch den Lockdown bleibe die Prognose nun bei den vor dessen Ankündigung prognostizierten 7 Prozent – vorausgesetzt, das Weihnachtsgeschäft wird stattfinden können. Das liege unter anderem daran, dass man Restriktionen im Herbst schon miteinberechnet und außerdem das dritte Quartal 2020 unterschätzt habe. „Das gleicht sich dann aus.“ Die Zahlen des Gesamtjahres 2021 hat der erneute Lockdown ebenfalls nicht verändert, wohl aber die der einzelnen Quartale: Der Aufholprozess wird 2021 vermutlich statt im dritten bereits im zweiten Quartal einsetzen. Generell könnte es wie heuer auch 2021 zu größeren Schwankungen kommen, denn auf einen größeren Einbruch folgt in der Regel ein stärkerer Aufholprozess. Dennoch ist sich der Analyst sicher, dass „ein dritter, vierter Lockdown nicht geht“. Seiner Einschätzung nach werde man ohnehin Pleitewellen erleben, da der Spielraum der Unternehmen geringer werde. „Es muss eine Balance gefunden werden zwischen der Belastbarkeit des Gesundheitssystems und der Belastbarkeit der Wirtschaft. Natürlich braucht es die Gesundheit für die Wirtschaft, aber für das Gesundheitssystem ist eine funktionierende Wirtschaft auch nötig“, erklärt er.

 

Melina Mitternöckler