Geld ist für Bewerber längst nicht alles
Es sind schon lange nicht mehr nur die Unternehmen, die sich aus einer Reihe von Bewerbern den besten neuen Mitarbeiter aussuchen. Mindestens ebenso wichtig ist es mittlerweile, auch als Betrieb attraktiv zu sein. Warum das so ist und worauf es dabei ankommt, erklären zwei Personal-Profis.
er Arbeitsmarkt hat sich verändert. Zum einen ist das Angebot an Ausbildungen ebenso drastisch gestiegen wie vielerorts die Zahl der potenziellen Arbeitgeber. Zum anderen gibt es auch deutlich mehr Bereiche als vor einigen Jahrzehnten, in denen Spezialisten gefragt sind. „Dazu kommen digitale Kommunikationswege, die Menschen kritischer werden lassen, und eine generell veränderte Denkweise“, weiß Dieter Duftner, Geschäftsführer der Personalmanagement-Agentur Duftner und Partner. „Die Arbeitnehmer von heute und morgen setzen neue Prioritäten. Und die größere Auswahl, die sich bietet, erlaubt es, wählerischer zu sein.“
Die nächste Generation.
Standen früher Arbeitsplatzsicherheit und Gehalt im Vordergrund, drängt heute die „Generation Y“ auf den Arbeitsmarkt. Und sie bringt neue Bedürfnisse mit. „Vor allem Work-Life-Balance gewinnt an Relevanz“, weiß Duftner. „Wo früher der Drang herrschte, etwas aufzubauen, setzt sich mittlerweile zunehmend das Bedürfnis durch, die Früchte der eigenen Arbeit zu ernten.“ Als Resultat dessen gilt es auch für die Arbeitgeber, Flexibilität zu beweisen, sofern das die Branche zulässt. Gerade bei Arbeitszeiten und Urlaubsplanung steht Anpassungsfähigkeit seitens des Betriebs hoch im Kurs. Die Möglichkeit, Freizeit und Arbeit so individuell und kompatibel wie möglich zu kombinieren, kann ein wichtiger Faktor bei der Bewerbung
sein. Und dieses Bedürfnis macht sich nicht nur bei Bewerbern bemerkbar. Auch etablierte Mitarbeiter haben immer häufiger den Wunsch, den Arbeitsplatz zu wechseln oder sich neu zu orientieren. „Das Prinzip des Arbeitnehmers, der sein Leben in einem Betrieb verbringt, ist ein Auslaufmodell“, ist Duftner überzeugt. „Das liegt daran, dass Selbstverwirklichung wichtiger wird. Zudem tragen soziale Netzwerke dazu bei.“ Mitarbeiter sehen sich heute häufiger mit der steigenden Zahl an Optionen konfrontiert. Das schürt den Wunsch, sich neu zu orientieren oder sich, wenn das möglich ist, im Betrieb weiterzuentwickeln.
Kommunikation auf Augenhöhe.
Den Schlüssel dazu sieht Duftner im regelmäßigen Gespräch auf Augenhöhe – und das von Anfang bis Ende. Bereits bei der Bewerbung gelte es, nicht den „besten“, sondern den „passendsten“ Mitarbeiter zu finden: Denn nur jemand, der ins Team und zum Unternehmen passt, wird langfristig und effizient in einem Betrieb arbeiten. „Aber auch während des Dienstverhältnisses muss regelmäßig kommuniziert werden“, mahnt Duftner. „Menschen, Betriebe und Berufsfelder verändern sich. Werden Unzufriedenheit oder neue
Irina Kirchler, Geschäftsführerin pep.solutions
„Gerade wir sehen täglich, wie wichtig Image als Arbeitgeber ist. Besonders im Tourismus ist der Ruf eines Hauses oft ein Faktor, der über eine Bewerbung entscheidet.“
Dieter Duftner, Geschäftsführer Duftner und Partner
„Menschen, Betriebe und Berufsfelder verändern sich. Werden Unzufriedenheit oder neue Bedürfnisse rechtzeitig erkannt, ist es möglich, gegenzusteuern.“
Bedürfnisse rechtzeitig erkannt, ist es möglich, gegenzusteuern. Und selbst wenn das nicht gelingt, kann gemeinsam der Austritt so geplant werden, dass er reibungslos und zur Zufriedenheit aller abläuft.“
Image ist Trumpf.
Maßnahmen wie regelmäßige Mitarbeitergespräche, aber auch ein generell offenes Ohr für Beschwerden und Bedürfnisse helfen nicht nur unternehmensintern. „Sie sind ebenso wichtig für die Außenwirkung“, fügt Irina Kirchler hinzu. Die Geschäftsführerin von pep.solutions hat sich auf Personalmanagement, vorrangig im Tourismus, spezialisiert. Damit arbeitet sie in einer Branche, in der hohe Mitarbeiterfluktuationen zum Alltag gehören. „Gerade wir sehen täglich, wie wichtig Image als Arbeitgeber ist. Besonders im Tourismus ist der Ruf eines Hauses oft ein Faktor, der über eine Bewerbung entscheidet. Dabei kommen natürlich Informationen aus dem Bekanntenkreis zum tragen. Aber auch Social-Media-Plattformen werden immer wichtiger“, so Kirchler. Mitarbeiter – egal ob aktuell oder ehemalig – werden so zu den besten Botschaftern eines Unternehmens und tragen maßgeblich zu seiner Attraktivität bei.
Nicht zuletzt dank des Internets und der sozialen Vernetzung steigt damit die Transparenz von Betrieben immer mehr, ohne dass Unternehmen
Kontrolle darüber haben. „Das ist eine Entwicklung, der man nicht gegensteuern kann und es auch nicht sollte“, meint Kirchler. Denn: Es gibt kein authentischeres „Empfehlungsschreiben“, als den ehrlichen Bericht von jemandem, der einen Betrieb von innen kennt. „Das darf man zulassen und unterstützen. Zugleich kann man es als einen von vielen Gründen betrachten, Mitarbeitern angemessene Wertschätzung zuteilwerden zu lassen.“
Proaktive Suche.
Parallel dazu sollte man jedoch auch andere Kanäle nicht außer Acht lassen und sich proaktiv präsentieren. In vielen Branchen sieht die Expertin Potenzial darin, den Nachwuchs schon in der Ausbildung „abzuholen“. Sowohl im Bereich des Personalmarketings als auch im Recruiting empfiehlt sie zudem den Einsatz von Social-Media-Plattformen.
Dabei kommt es vor allem auf Zielgruppenbewusstsein an. Je nach Branche und gesuchtem Ausbildungslevel sollte das richtige Netzwerk gewählt werden. „So lässt sich schnell ein passender Mitarbeiter finden, der gut ins Unternehmen passt“, meint Kirchler. „Und auch hier gilt: Ehrlichkeit, Transparenz und Authentizität zählen. Wenn es nicht passt, passt es eben nicht. Das im Vorfeld zu klären, spart beiden Seiten Kosten und Zeit und ist langfristig nicht nur für Bewerber, sondern auch für das Unternehmen besser.“
