Noch lange nicht abgestempelt
Kaum jemand verbringt heute mehr sein ganzes Berufsleben in einer Branche oder gar bei einem Unternehmen. Ältere Beschäftigte stellt diese Dynamik vor Herausforderungen. Dabei hat auch die Generation 50 plus Arbeitgebern noch viel zu bieten.
ie Arbeitslosenquote sinkt in ganz Tirol. Und im Österreich-Vergleich liegt das Bundesland an zweiter Stelle. „Viele Arbeitssuchende sind mit herkömmlichen Maßnahmen relativ schnell zu vermitteln“, sagt Sabine Platzer-Werlberger, stellvertretende Landesgeschäftsführerin des Arbeitsmarktservice Tirol. Manche bleiben allerdings auf der Strecke. „Für Langzeitarbeitslosigkeit gibt es in der Regel drei Auslöser: Zum einen Krankheit oder mangelnde Qualifikation. Und zum anderen das Alter.“
Gerade was die Einstellung älterer Mitarbeiter betrifft, herrschen Vorurteile – die oft unbegründet sind, berichtet Platzer-Werlberger. Das gehe von der Befürchtung, dass mit dem Alter Krankenstände zunähmen, bis hin zur Annahme, dass mit mehr Dienstjahren automatisch höhere Lohnkosten verbunden wären. „Die Erfahrung zeigt, dass ältere Mitarbeiter nicht häufiger erkranken“, sagt Platzer-Werlberger. „Und das Senioritätsprinzip ist in der Privatwirtschaft nicht bindend.“ Löhne seien immer Verhandlungssache. „Natürlich kosten gute Mitarbeiter – ganz unabhängig vom Alter.“
Fachlich versiert.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber nicht, dass ältere Mitarbeiter nicht einiges zu bieten haben:
Oft bringen sie Kompetenz und Erfahrung mit, die sich bezahlt machen. Das erkennen auch Betriebe – darunter nicht zuletzt Würth-Hochenburger. Von den 630 Beschäftigten des Bauunternehmens gehören rund 180 zur Generation 50 plus. „Darunter loyale, langgediente Mitarbeiter“, meint Georg Egger, Geschäftsbereichsleiter Personal von Würth-Hochenburger. Aber auch Neueinstellungen in dem Alterssegment sind keine Seltenheit: „In unserer Branche sind gut ausgebildete, erfahrene Arbeitnehmer überaus willkommen“, sagt der Personaler. Und gerade im Kontext des Fachkräftemangels findet sich hier ein nicht zu unterschätzender Talent-Pool. Besondere zusätzliche Maßnahmen, um spe-ziell älteren Arbeitnehmern entgegenzukommen, seien grundsätzlich nicht nötig. Würth-Hochenburger bietet ein breites Spektrum an Fort- und Weiterbildungen an – „die natürlich auch von älteren Mitarbeitern genutzt werden“, erklärt Egger. „Aber Möglichkeiten, ihre innerbetriebliche Karriere voranzutreiben, stehen allen offen.“
Gute Mischung.
Im Weiterbildungsangebot sieht auch das AMS einen Schlüssel zur Senkung der Altersarbeitslosigkeit – und ebenso zur Nutzung des Potenzials der älteren Generation.
„Wer Beschäftigte am neuesten Stand hält, garantiert ihren langfristigen und effizienten Einsatz“, bestätigt Sabine Platzer-Werlberger.Das verhindert den Aufwand und die Kosten von Nachbesetzungen und hilft, Know-how im Unternehmen zu behalten. „Außerdem bringen Mitarbeiter mit viel Erfahrung oft eine gewisse Ruhe mit. Das fördert Stabilität in Teams und kann enorm wertvoll sein.“
Generell bahnt sich eine Trendwende an: Immer mehr Unternehmen wissen einen guten Generationenmix zu schätzen. Dieser ist aber kein Selbstläufer. „Generationenmanagement muss bewusst geschehen“, empfiehlt die Expertin. „Die Balance zu finden und Kompetenzen nicht brachliegen zu lassen, sind Aufgaben des Managements.“ Dazu gehören Fortbildungen, aber auch teambildende und gesundheitsfördernde Maßnahmen. Denn auch wenn ältere Mitarbeiter nicht häufiger erkranken, dauern ihre Krankenstände in der Regel etwas länger. „Ergonomische Arbeitsplätze gehören ebenso dazu wie ein positives Arbeitsklima“, meint Platzer-Werlberger. „Herrscht dann noch Bewusstsein für die Kompetenzen aller Mitarbeiter, ist ein guter Alters-Mix eine Bereicherung für jedes Unternehmen.“
„In unserer Branche sind gut ausgebildete, erfahrene Arbeitnehmer überaus willkommen.“
Georg Egger, Geschäftsbereichsleiter Personal, Würth-Hochenburger
20.000 Jobs in Österreich
Seit Juli 2017 läuft die „Aktion 20.000“ des AMS. In ihrem Zuge sollen österreichweit 20.000 Arbeitsplätze für Menschen entstehen, die 50 oder älter sind und bereits seit mindestens einem Jahr beim AMS gemeldet sind. Die Stellen werden unter anderem in Gemeinden, bei gemeinnützigen Einrichtungen und der Verwaltung eingerichtet und über zwei Jahre vom AMS finanziert. In Tirol sind 800 Arbeitsplätze vorgesehen, vorerst in den Bezirken Innsbruck und Innsbruck Land, mit Jänner 2018 wird die Aktion auf das gesamte Bundesland erweitert.
„Generationenmanagement muss bewusst geschehen. Die Balance zu finden und Kompetenzen nicht brachliegen zu lassen, sind Aufgaben des Managements.“
Sabine Platzer-Werlberger, stellvertretende Landesgeschäftsführerin AMS Tirol
Jänner bis Ende September 2017:
Beschäftigte:
• Insgesamt: Durchschnittlich 330.917 Beschäftigungsverhältnisse in Tirol.
• Davon 83.469 Beschäftigte über 50 (25,2 %).
• Arbeitskräftepotenzial 50+: 25,5 %
Arbeitskräftepotenzial (Beschäftigte + Arbeitslose):
• Insgesamt: 350.546
• 50+: 89.525 (25,5%)
Beschäftigungsquote:
• Insgesamt: +2,3 %
• 50+: 6,2 % (+4.871)
Quelle: AMS