Zauberwort mit Zukunft: „authentisch“
Der Corona-Sommer bricht an. Wir alle fragen uns, wie es
in Tirol mit dem Tourismus weitergehen soll und kann.
Vor allem aber: Wo verbringen wir heuer unseren Urlaub?
urz zu Ischgl. Der Ort ist für mich weniger ein Synonym für Corona. Doch wenn Berge, Gletscher, Flüsse und Bäche zu schnöden „Ressourcen“ verkommen, fehlt jeder Respekt vor unserer grandiosen Natur. So kann es nicht weitergehen. Es sei denn, wir wollen Tirol in ein riesiges Disneyland verwandeln.
Zukunftsorientierter Tourismus beginnt mit sorg-fältigem Aufspüren bisher kaum beachteter Ressourcen und deren sensibler Nutzung. Zwei Beispiele: das Ötzi-Dorf in Umhausen und das Knappenhaus samt Pochwerk im Wörgetal bei Kühtai. Meine Pläne wurden vor rund 25 Jahren von sogenannten „Touristikern“ abschätzig belächelt. Heute sind beide Projekte viel besuchte „Zeitfenster“ in die Vergangenheit Tirols.
Tirols wichtigste touristische Ressourcen liegen auf der Hand: unsere Almen, Bergmähder und Bergwiesen. Der Natur von unseren Vorfahren in Knochenarbeit abgerungen, sind sie heute das sentimentale Ziel vieler Tirol-Touristen. Was wäre unser Sommertourismus ohne gepflegte Almen, blühende Bergwiesen und steile Bergmähder? Fakt ist: Diese Tiroler Wahrzeichen verwildern zusehends. Weil sich die Bauern deren Erhaltung einerseits zeitlich nicht mehr leisten können. Andererseits wollen sie oft auch nicht mehr. Denn ihre Erzeugnisse werden vielfach ignoriert. Denn in Hotels und Gasthäusern feiern Billigstprodukte aus aller Welt nur allzu oft fröhliche Urständ.
„Mit Achtung vor unseren Ressourcen“
Werner Kräutler (70) ist gebürtiger Vorarlberger, gelernter Volkswirt und
glühender Tirol-Fan. Er arbeitete als Journalist und Regionalentwickler
im Tiroler Ötztal und gründete die „Schule der Alm im Valsertal“.
Vor fünf Jahren habe ich mit Freunden die „Schule der Alm im Valsertal“ gegründet. Unser erklärtes Ziel: Almen und Bergmähder müssen als Kulturerbe erhalten werden. Wir laden Gäste ein, Alm-arbeiten wie Sensenmähen, Trockensteinmauern bauen, Zaunmachen bis hin zum Schwenden zu erlernen. Und dafür zu bezahlen. Sie haben richtig gelesen. Die Menschen sind bereit zu arbeiten und dafür einen fairen Beitrag für diesen einzigartigen Urlaub zu leisten. Große deutsche Zeitungen bezeichnen unser Angebot bereits als sinnstiftend und authentisch.
Das ist es, was wir in Tirol wieder lernen müssen: authentisch zu sein. Auf allen Gebieten. Vor allem auch, was das Essen anlangt. Wer den Gästen argentinisches Billigfleisch aus Supermärkten oder spanisches Gewächshausgemüse vorsetzt, kann nie authentisch sein. Eine Speisekarte, die Fleisch vom Tiroler Graurind, Freiland-Gemüse aus Tirol, Säfte und Schnäpse aus regionaler Produktion aufweist, wäre ein erster Schritt zu jener Authentizität, die uns in den letzten Jahren so schmerzlich abhandengekommen ist.
Schule der Alm: www.schulederalm.at
Mein persönlicher Blog: www.tirolischtoll.wordpress.com