Entrepreneurship in Zeiten wie diesen

Mit Tradition und Technologie durch die Krise

Giesswein weiß Modernes mit Tradition zu verbinden. Das beweisen schon
die Erzeugnisse des Familienbetriebs. Doch auch intern zeigt sich das
Unternehmen mehr als innovativ und hat es so geschafft, die Auswirkungen der Pandemie bislang hervorragend zu kompensieren.

Fotos: Daniel Zangerl (2), shutterstock.com

„Wir haben uns im Dezember entschieden, unser Sortierlager auf eine automatisierte Anlage umzustellen.“

Markus Giesswein, Geschäftsführer
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raditionell geht es in Brixlegg zu: Giesswein stellt seit drei Generationen Bekleidung und Schuhwerk her – bewährterweise aus Wolle und Filz. Dass sich das Familienunternehmen gegen Innovation alles andere als sträubt, erkennt man jedoch auf den ersten Blick: Von Hausschuhen und Freizeit- sowie Sportbekleidung bis hin zu Sneakern aus Filz kombiniert Giesswein traditionelle Materialien und Verarbeitung mit modernem Design, ohne dabei auf tiroltypische Schnitte und Elemente zu verzichten.

Gutes Timing

Und auch betriebsintern stehen die Zeichen auf Innovation: „Wir haben uns im Dezember entschieden, unser Sortierlager auf eine automatisierte Anlage umzustellen“, berichtet Geschäftsführer Markus Giesswein – mit drei Millionen Euro eine beträchtliche Investition. „Das hat uns zugegebenermaßen im März, als die Pandemie um sich zu greifen begann, erst Bauchschmerzen bereitet. Aber wie sich zeigt, war die Entscheidung goldrichtig.“

 

Denn auch Giesswein ist von Lockdown und Krise nicht verschont geblieben. Der stationäre Handel kam nahezu vollständig zum Erliegen und auch das B2B-Segment brach drastisch ein. Zugleich erlebte der Online-Shop der Marke aber ungeahnte Zuwächse: Die Bestellungen vervierfachten sich. „Mit ‚Leisure Wear‘ sind wir genau im richtigen Segment für Menschen im Homeoffice und mit zusätzlicher Freizeit platziert“, bestätigt der Geschäftsführer. „Das hat uns so geholfen, dass unser aktuelles Wachstum den Prognosen von vergangenem Dezember entspricht.“

Boxen statt Regale

Möglich wurde das nur durch das System des norwegischen Herstellers AutoStore. Für dessen Lösung hat sich Giesswein entschieden, weil es modular, erweiterbar und wartungsarm ist und vor allem, weil es in bestehende Gebäude installiert werden kann – ein relativ unübliches Feature. So ersetzt seit Juli eine 800 Quadratmeter große Anlage Reihen aus Regalen und Gängen, in denen Bestellungen von Hand zusammengetragen werden mussten. Dort ist in insgesamt neun Etagen aus Lagerboxen das gesamte Sortiment untergebracht.

Markus (r.) und Johannes Giesswein leiten das Familienunternehmen in dritter Generation.
Giesswein tut sich durch modernes Design aus traditionell-nachhaltigen Materialien hervor.

Ergonomie & Verdichtung

Dieses System entlastet zum einen Mitarbeiter: Anstatt sich zu Fuß auf die Suche zu begeben, scannen sie den Auftrag. Anhand dessen sucht die Maschine die Boxen, in denen sich die Artikel befinden – und bringt sie direkt zur Pack-Station. „Damit können fünf Mitarbeiter so viele Bestellungen abfertigen wie früher 30 – und das an deutlich bequemeren Arbeitsplätzen“, beschreibt Giesswein – eine Steigerung, die dringend notwendig war, um mit den Online-Shoppern Schritt zu halten.

 

Zum anderen verdichtet das System den Lagerraum enorm. Da die Gänge wegfallen, können nun auf der Fläche, wo früher 25.000 Artikel Platz gefunden haben, 100.000 Einheiten untergebracht werden. So fungiert der AutoStore als Puffer zwischen dem Warenlager, das weitere 500.000 Artikel beherbergt, und der Versandabteilung. „Das hat unsere Abwicklung enorm beschleunigt“, bestätigt Giesswein. „Ohne die Automatisierung hätten wir den aktuellen Anstieg bei den Bestellungen nicht bewältigen können. Und Verzögerungen sind im E-Commerce unentschuldbar.“

 

Daniel Feichtner

Tradition und Trend

Giessweins Kombination von Modernem und Klassischem kommt auch jenseits europäischer Grenzen hervorragend an.

 

 

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eutschland, Österreich und die Schweiz sind die Hauptmärkte von Giesswein. 85 % des Umsatzes kommen dabei aus dem Ausland. Aber: „Dank dem Bespielen von Social Media ist es uns gelungen, in den vergangenen drei Jahren auch am Markt in Großbritannien und in den USA deutliche Präsenz aufzubauen“, erklärt Markus Giesswein.

Zeitgeist

Alleine auf die Vereinigten Staaten entfallen inzwischen rund zehn Prozent des Umsatzes. Denn gerade dort trifft Giesswein genau den Nerv: „In den USA haben wir es zum einen mit einem schon länger bestehenden Sneaker-Trend zu tun – und zum anderen mit großem Interesse an Nachhaltigkeit und nachhaltigen Materialien“, erklärt der Geschäftsführer. „Das ist natürlich eine Kombination, die uns enorm entgegenkommt.“

Made in Tirol

Doch auch wenn die Marke sich in Übersee hervorragend schlägt: Das Familienunternehmen bleibt voll und ganz tirolerisch. Wo andere ein Warenlager in den USA aufgebaut hätten, setzt der Familienbetrieb auf Digitalisierung und die vernetzte Welt: „Wir arbeiten inzwischen mit FedEx zusammen“, berichtet er. „Dank der Kooperation gelingt es uns, dass unsere Bestellungen innerhalb von drei Tagen von Brixlegg aus in LA ankommen, inklusive Zollabfertigung und zu einem wirklich akzeptablen Preis.“