Aus der medizinischen Praxis

Der Schritt in die Selbstständigkeit bedeutet für viele Ärzte nicht nur mehr Freiheiten, sondern auch mehr Herausforderungen – vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, wie Dr. Martin Koidl aus Schwaz erklärt.

Fotos: Koidl, Zanella-Kux

„Die Behandlungsentscheidungen sind ausnahmslos nach medizinischen Gesichtspunkten zu treffen. Hier muss die Unter­nehmer-Seite einfach völlig in den Hintergrund treten.“

Dr. Martin Koidl
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ie so mancher Arzt hat auch Martin Koidl lange von einer eigenen Praxis geträumt. Richtig herangereift ist dieser Wunsch allerdings erst vor einigen Jahren, während seiner Zeit als Oberarzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Bezirkskrankenhaus Schwaz. Er wollte, wie er sagt, einfach mehr Zeit für seine Patienten und die Möglichkeit haben, sie direkt und persönlich zu betreuen.

 

 „Um Menschen wirklich helfen zu können, als Arzt ihr Vertrauen zu gewinnen, dafür braucht es mehr als nur Fachwissen“, meint Koidl. „Dazu gehören auch Freiräume, Flexibilität, eine angenehme Atmosphäre vor und während der Behandlung, aber vor allem ausreichend Zeit.“ Und das, so der Mediziner, sei aufgrund der strukturellen Gegeben- und Besonderheiten eines Großkrankenhauses eben nur in einer eigenen Ordination wirklich realisierbar, weswegen er schließlich im vergangenen Jahr eine Facharztpraxis für Darmgesundheit und Chirurgie in der Schwazer Altstadt eröffnet hat.

Dr. Martin Koidl

„Betriebswirtschaftliches Know-how stärker im medizinischen Ausbildungssystem zu verankern, wäre in vielerlei Hinsicht hilfreich und sinnvoll.“

Dr. Martin Koidl

Vom finanziellen Standpunkt aus gesehen, nimmt sich, wie bei jeder Unternehmensgründung, vor allem die Anfangsphase als recht schwierig aus. Denn auch bei einer Arztpraxis dauert es eine gewisse Zeit, bis man schwarze Zahlen schreibt. „Man muss sich einfach darauf einstellen, dass man gerade zu Beginn viel investieren muss“, erklärt der Mediziner. „Denn die wichtigste Ressource, die wir als selbstständige Ärzte haben, ist Mundpropaganda – und oft braucht es eben eine Weile, bis diese wirklich greift, selbst bei hoher Patientenzufriedenheit.“

(K)ein Experte für alles

Diese Doppelbelastung – Doktor auf der einen, Geschäftsmann auf der anderen Seite – stellt vor allem für junge Ärzte oft eine Herausforderung dar. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Ausbildung von Medizinern keinerlei wirtschaftliche Lehrinhalte vorsieht, wie auch Koidl bestätigt. Er meint: „Betriebswirtschaftliches Know-how stärker im medizinischen Ausbildungssystem zu verankern, wäre in vielerlei Hinsicht hilfreich und sinnvoll. Im Grunde genommen sind wir ja alle bis zu einem gewissen Grad Unternehmer, nicht nur, wenn wir uns selbstständig machen.“