Wie sich Firmen-Kooperationen auszahlen
In den nächsten Jahren werden sich Unternehmer immer intensiver mit anderen Betrieben zu Kooperationen zusammenfinden, sagen Experten. Denn der steigende Marktdruck erzwingt Innovationen, die oft nur gemeinsam umsetzbar sind.
m Netzwerk mit Geschäftspartnern finden Innovationen häufiger und schneller statt, sagt eine Studie von PA Consulting Group (PA) und ESB Business School Reutlingen. Viele Firmen verlassen sich noch zu sehr auf ihre eigene F&E-Abteilung. Sie bleiben „zu konservativ“ und investieren nicht genug. „Gemeinsam mit anders spezialisierten Unternehmen, Unis, Fachhochschulen oder auch außeruniversitären Forschungseinrichtungen kann ein Unternehmen dagegen Ziele erreichen, die allein nicht in Reichweite sind“, sagt Harald Gohm, Chef der Standortagentur Tirol.
„Innovationen setzen voraus, ausgefahrene Denkbahnen zu verlassen und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Kooperationspartner bringen da oft eine neue Sicht der Dinge ein. Aufbauend auf der Kompetenz des einen kann der andere etwas völlig Neues aufsetzen. Dazu kommt, dass man in der Gruppe risikofreudiger ist und man daher einer innovativen Idee eher nachzugehen bereit ist“, berichtet Prof. Dietmar Rößl, Vorstand des Instituts für KMU-Management und Leiter des
Forschungsinstituts für Kooperationen und Genossenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien.
X- und Y-Kooperationen.
Rößl gilt als der Kooperationsexperte in Österreich. Und er ortet positive Effekte vor allem bei sogenannten X-Kooperationen (auch Exchange-Kooperationen genannt). Dabei handelt es sich um Kooperationen von unterschiedlichen Unternehmen mit komplementären Ressourcenstrukturen. Motto: Der Partner sollte genau jene Ressourcen und Fähigkeiten haben, die ich nicht habe.
Bei Y-Kooperationen hingegen (auch Pooling-Kooperationen genannt) wird man kaum positive Effekte auf Innovationen feststellen. Sie können dennoch sehr positiv sein, weil sich mit ihnen etwa die Marktmacht erhöhen lässt. Bestes Beispiel dafür sind Einkaufskooperationen. Im Falle von Y-Kooperationen sollte der Partner dem eigenen Unternehmen möglichst ähnlich sein.
„X-Kooperationen haben den größeren potenziellen Nutzen – sie sind allerdings auch schwieriger zu managen“, weiß Rößl aus der Praxis.
Vor allem Klein- und Mittelbetriebe können profitieren. Denn bei ihnen sind oft einige Unternehmensbereiche nicht optimal dimensioniert. Kooperationen können dieses Problem entschärfen, sagt Rößl: „Ein Beispiel dafür ist die Stubai Werkzeugindustrie Genossenschaft: Kein Mitgliedsbetrieb wäre für sich allein in der Lage gewesen, eine so starke Marke aufzubauen und Spezialprodukte auf globalisierten Märkten zu vertreiben.“ Eine solch professionelle Marketing- und Vertriebsorganisation wäre für jeden einzelnen der Mitgliedsbetriebe weit „überdimensioniert“ und damit nicht wirtschaftlich.
Ähnlich das Beispiel der Coop/Holz: „Wenn ein Tischler der Coop/Holz einen Auftrag kapazitätsmäßig nicht bewältigen kann, greift er auf die Produktionskapazitäten der Kooperationspartner zurück – es wäre völlig unwirtschaftlich, dass jedes Mitgliedsunternehmen die Kapazitäten für Großaufträge permanent vorhält. Kooperationen ermöglichen somit, trotz der Kleinheit ,groß‘ zu sein.“
„Innovationen setzen voraus, ausgefahrene Denkbahnen zu verlassen und über den eigenen Tellerrand zu schauen.“
Dietmar Rößl, Vorstand des Instituts für KMU-Management an der Uni Wien
Problem Offenlegung.
Die Erfahrung zeigt allerdings, dass es für viele Unternehmen schwer ist, sich gegenüber einem Kooperationspartner zu öffnen und zu riskieren, dass der Partner Einblick in interne Entwicklungen erhält und diese dann für sich selbst nützt. „Einerseits kooperieren – andererseits Informationen zurückhalten zu wollen, das kann nicht funktionieren“, sagt Dietmar Rößl.
Um in Zusammenhang mit der Informationspreisgabe keine unlösbaren Hürden erwachsen zu lassen, sollte mit der Zusammenarbeit in abgrenzbaren Bereichen angefangen werden: „Gemeinsame Mitarbeiterschulungen, gemeinsame EDV-Projekte oder dergleichen mehr“, rät Rößl: Wenn die Kooperation auf diesen Gebieten funktioniert, kann die Zusammenarbeit schrittweise auf kritischere Bereiche, wie gemeinsame F&E-Projekte, ausgedehnt werden.
Helfen kann auch ein professionelles Kooperations-Management, wie es etwa in den Tiroler Clustern existiert, sagt wiederum Harald Gohm: Etwaige Risiken einer Zusammenarbeit im Innovationsbereich managt hier eine Kooperationsvereinbarung. Diese hält Rechte und Pflichten der Partner vom Start weg fest, definiert Arbeitsbereiche, klärt Verwertungsrechte und geht auch auf Eventualitäten wie den Ausstieg eines Partners oder den Einstieg eines zusätzlichen Partners ein.
Die häufigsten Fehler bei Firmen-Kooperationen
Klare Regeln und Zielsetzungen fehlen. „Kooperation wird oft zum Allheilmittel hochstilisiert – und das ist sie natürlich nicht! Und so scheitern Kooperationen schlicht oft daran, dass sie gar nicht hätten begonnen werden dürfen, weil sich unter Berücksichtigung von Koordinationskosten der Kooperationsbeziehung unterm Strich keine klaren Vorteile für die beteiligten Unternehmen ergeben", weiß Kooperationsexperte Dietmar Rößl.
Vertrauen fehlt. Kooperationen scheitern, weil die beteiligten Unternehmen nicht bereit sind, das Risiko des Vertrauensbruchs zu akzeptieren. Dann will alles abgesichert werden, woraus erstens hohe Kosten und zweitens eine Misstrauenskultur resultieren, in der das Zusammenwirken zumindest mühsam ist – all dies kann den anvisierten Nutzen der Kooperation aufzehren.
Fördergeld statt lebende Kooperation. Wenn Kooperationen – aus welchen Gründen auch immer – „künstlich konstruiert“ sind, von den beteiligten Unternehmen nicht mit Leben erfüllt werden und ständig am „Förderungstropf“ hängen, sind sie auch als gescheitert anzusehen, meint Rößl: „Dies passiert oft dadurch, dass man regionalpolitische Zielvorstellungen verfolgt, obwohl sich deutlich zeigt, dass die Kooperation den Beteiligten keine ökonomischen Vorteile liefert.“
Kooperationen müssen für alle Beteiligten vorteilhaft sein – „da braucht es dann auch keine Förderungen“, sagt Rößl: „Anders sieht es mit der Anbahnung von Kooperationen aus, da können externe Anschubfinanzierungen und Moderationen durch externe Berater sehr wohl zweckmäßig sein.“ Die Standortagentur biete sich hier als Partner an, sagt Harald Gohm: „Für interessierte Unternehmen mit einer ersten Idee oder einem konkreten Vorhaben suchen und finden wir Partner in Tirol, in Österreich und in ganz Europa.“ Und auch die Berater der Raiffeisenbanken wissen, welche Anschub-förderungen in Frage kommen.
Fehlende Großzügigkeit. Der Kooperationsnutzen fällt in den seltensten Fällen für alle Beteiligten gleich und in den gleichen „Rechengrößen“ an – da hat der eine durch die Kooperation Zugang zum Weltmarkt und der andere Zugang zu einer hochinnovativen Technologie. Wenn in solchen Situationen Unternehmen ihren eigenen Vorteil mit dem Vorteil der anderen Beteiligten vergleichen, aufrechnen und über komplizierte Systeme ausgleichen wollen, hat die Kooperation wenig Zukunft. Kooperation braucht also auch eine gewisse Großzügigkeit – „Erbsenzähler“ sollten nicht kooperieren!