„Was kann ich ändern, um die Region zu fördern?“
Verschwindet der regionale Wirtschaftskreislauf, dann verschwindet mit ihm auch der Wohlstand in unserem Land.
s gibt Regionen – und Tirol gehört Gott sei Dank dazu –, da gibt es noch einen funktionierenden regionalen Wirtschaftskreislauf. Es gibt heute schon genügend Gegenden auf der Welt, in denen das nicht mehr so ist, und niemand von uns würde sich wünschen, dort zu leben. Aus diesem Grund sind wir mehr denn je aufgefordert, unseren Beitrag zu leisten. Verschwindet nämlich der regionale Wirtschaftskreislauf, dann verschwindet mit ihm auch der Wohlstand in unserem Land. Und mit ihm gehen wertvolle gesellschaftliche Errungenschaften im Bereich Gesundheit, Sicherheit, Bildung und Kultur verloren.
Damit stellt sich primär die Frage, wodurch unsere regionale Wirtschaft bedroht wird. Eine große Gefahr liegt in einem Wandel des Konsumverhaltens. Die bequeme Internet-Bestellung von zu Hause aus begünstigt in den meisten Fällen (derzeit noch) internationale Online-Handelsketten.
Umsätze kommen dann nicht dem Händler in der Region zu. Wer profitiert?
Zumeist Firmenkonstruktionen, die nicht in Österreich – ja nicht einmal im europäischen Raum – nennenswerte Steuerleistungen erbringen. Steuern, die unser Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem dringend benötigen würde. Ich stelle bei Veranstaltungen öfter einmal die Frage, wer von den Anwesenden schon einmal bei Amazon eingekauft hat. Erfahrungsgemäß zeigen die meisten auf. Meine nächste Frage lautet dann, wer denn irgendjemanden kennt, der bei Amazon arbeitet. Da sind die Hände bisher ausnahmslos unten geblieben. Und hier liegt der Kern des Problems, das uns mittelfristig alle betreffen wird. Wie gehen wir damit um? Der erste Schritt ist aus meiner Sicht, uns das Thema bewusst zu machen und in allem, was wir tun, bewusster zu handeln. Dazu später. Der zweite Schritt wird im Aufbau eines adäquaten Online-Angebots für Tirol liegen.
Denn wir müssen den Menschen in unserer Region auch eine brauchbare Alternative zu Online-Giganten anbieten.
Mehr Bequemlichkeit.
Wie könnte diese aussehen? Eine Online-Bestellung für den Kunden besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen, dem Auswahl- und Bestellvorgang und dem Zustellungs- bzw. Abholvorgang. Fangen wir beim ersten – beim Auswahl- und Bestellvorgang an. Hier ist der regionale Handel gefordert, mehr Bequemlichkeit zu bieten, einen Überblick über das Angebot zu schaffen, entsprechende Auswahl und Qualität auf den Plattformen anzubieten.
Was den zweiten Teil, die Zustellung betrifft, so gibt es heute schon das Problem, dass die meisten Empfänger untertags – zum Zeitpunkt der Zustellung – nicht daheim sind. Die Pakete müssen dann an einem Ort abgeholt werden, der oft ohne Auto schwer erreichbar ist (z. B. Tankstellen).
Die bequeme Internet-Bestellung von zu Hause aus begünstigt in den meisten Fällen (derzeit noch) internationale Online-Handelsketten. Wir müssen den Menschen in unserer Region auch eine brauchbare Alternative zu Online-Giganten anbieten.
Auch die Zustellung am Arbeitsplatz kann keine Ersatzlösung sein. Einerseits ist die dafür erforderliche In-House-Logistik nicht darauf vorbereitet und andererseits stellt sich die Frage, warum ein regionales Unternehmen einen Vorgang unterstützen soll, der die regionale Wirtschaft schädigt? Es liegt deshalb im Interesse des regionalen Handels, herauszuarbeiten, dass die Abholung in den Geschäften eine interessante Alternative zum derzeitigen „Amazon-Prozedere“ sein könnte. Die direkte Abholung beim Händler vor Ort könnte nämlich für den Kunden auch ein Vorteil (im Vergleich zur Tankstelle) sein. Als Alternative dazu könnte auch ein Zustell-Service angeboten werden.
Bewusstseinsbildung.
Das Thema Bewusstseinsbildung wird bei all den Innovationen, die Tirol auf diesem Gebiet
hervorbringen soll, eine große Rolle spielen. Der Wandel beginnt dann bei der Analyse jedes Einzelnen: Wo bestelle ich meine Dienstleistungen, welche Produkte kaufe ich ein? Was kann ich ändern, um die Region zu fördern? Wir haben nach dieser Analyse in unserem Unternehmen beispielsweise auf ein Tiroler Mineralwasser umgestellt. Diese Analyse gilt aber natürlich nicht nur für den Handel. Für einen Kurzurlaub etwa könnte doch auch ein Tiroler Hotel eine interessante Alternative sein.
So bleibt in der Diskussion „David gegen Goliath“ als einer der häufigsten Einwände noch der Preis. Dieser muss natürlich marktkonform sein, und eigentlich haben sich alle regionalen Anbieter ohnehin bereits darauf eingestellt. Lokale Händler werden die Preise halten können – und mit Ausnahme von begrenzten Lockangeboten – wird auch der Online-Handel mittelfristig nicht ohne eine Gewinnspanne auskommen.
Initiative „Ja zu Tirol“.
Ich bin überzeugt, dass sich mit vereinten Kräften ein solches Bewusstsein in der Tiroler Bevölkerung herstellen lässt. Die Initiative „Ja zu Tirol“ hat sich das zum Ziel gesetzt, und wenn wir alle dazu beitragen, diese Vision in allen Lebenslagen zu verbreiten, dann ist eine Trendumkehr möglich. Es mag sein, dass es unterm Strich eine Spur aufwändiger ist, auf ein regionales Angebot zurückzugreifen. Wenn wir uns aber bewusst machen, dass wir damit gleichzeitig in unsere Zukunft investieren; wenn wir sehen, dass dadurch unsere Kinder und Enkelkinder auch in Zukunft einen Arbeitsplatz in Tirol finden können, dann steht das in keiner Relation und sollte jedem leichtfallen.
Mag. Hermann Petz, Vorstandsvorsitzender der Moser Holding AG