Zum Gipfel mit Komfort

Seit dieser Saison tut die neue 3S-Eisgratbahn am Stubaier Gletscher ihren Dienst. Die längste Dreiseil-Umlaufbahn der Alpen soll vor allem zusätzliche Stabilität bringen und Ausfalltage reduzieren. Langfristig ist das Projekt aber auch eine Investition in die Erhaltung des hohen Niveaus der Region.

Fotos: Stubaier Gletscher (3), Birgit Köll
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Nach 43 Jahren im Dienst war es an der Zeit, die alte 2S-Eisgratbahn abzulösen.

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Zum Bau der neuen Mittelstation Fernau wurde eine eigene Zufahrtsstraße errichtet, um Material und Maschinen zu transportieren.

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Die modernst ausgestatteten Kabinen der neuen 3S-Eisgratbahn wurden vom italienischen Design-Studio Pininfarina entworfen.

A

m 2. April 2016 hieß es am Stubaier Gletscher Abschied nehmen: Die 2S-Eisgratbahn, die bislang Gäste auf den Gletscher transportiert hatte, stellte ihren Betrieb ein. Nach 43 Jahren war es höchste Zeit, sie durch eine neue Seilbahnanlage zu ersetzen. Zumal die Möglichkeiten, die Anlage zu modernisieren, wegen ihres Alters relativ beschränkt waren. Deswegen fiel die Entscheidung für einen kompletten Neubau in Zusammenarbeit mit dem renommierten Unternehmen Leitner Ropeways – und zugleich sollte auch eines der größten Probleme der alten Gletscherbahn gelöst werden, erzählt Reinhard Klier, Vorstandsvorsitzender der Wintersport Tirol AG: „Die Achillesferse der alten Eisgratbahn war ihre Windanfälligkeit. Im Schnitt mussten wir den Betrieb pro Saison an sieben bis acht Sturmsperrtagen aussetzen. In einem Jahr sogar an fünfzehn. Gerade für Kurzurlauber sind solche Ausfälle mehr als ärgerlich.“

Aus zwei wird drei.

Statt einer neuen Zweiseil- oder kurz 2S-Bahn mit einem Zug- und einem Stabilisationsseil bringt seit Ende Oktober 2016 eine 3S-Bahn – und zwar die längste im Alpenraum – Wintersportler auf 2.900 Meter Seehöhe. Ihre Kabinen werden über zwei Tragseile geführt, wodurch sie deutlich weniger anfällig für Wind sind. Diese Variante war merklich teurer und machte das Projekt mit 64 Millionen Euro zur größten Einzelinvestition eines Skigebietes in der österreichischen Seilbahngeschichte. 

Zugleich garantiert sie aber eine ruhigere Fahrt und deutlich weniger Ausfälle, wie die ersten Monate bewiesen haben. „Bislang hatten wir in dieser Saison nur einen Sperrtag“, meint Klier. „Und das war bei Windstärken von 150 Stundenkilometern – also unter Bedingungen, wo an Skifahren nicht mehr zu denken war. Mit der 3S-Bahn rechnen wir mit einem bis drei Sperrtagen pro Saison.“ Langfristig garantiert der Neubau damit eine Zuverlässigkeit, mit der insbesondere bei Gästen gepunktet werden soll, die den Stubaier Gletscher nur für einen oder wenige Tage besuchen. Gerade für sie ist das gesenkte Ausfallrisiko ein deutliches Plus. 

Zwei-Phasen-Bau.

Das eigentliche Bauvorhaben nahm seinen Anfang aber lange bevor die 2S-Eisgratbahn in die Pension geschickt wurde. Die Errichtung der neuen Talstation begann 2015, während die alte Anlage noch in vollem Betrieb war. Das neue Gebäude wurde 650 Meter weiter talauswärts gebaut – inmitten der Parkplätze, von denen aus bislang Shuttlebusse zur Seilbahn angeboten wurden. Wegen des neuen Standorts konnte im selben Sommer auch die erste Sektion der neuen Bahn bis zur Mittelstation Fernau errichtet werden, die ebenfalls neu gebaut wurde – inklusive einer Zufahrtsstraße, um Maschinen und Materialien auf 2.291 Meter zu bringen. So tat die 2S-Eisgratbahn auch in der Wintersaison 2015/16 ihren Dienst, während im Februar bei minus 15 Grad und Windböen mit bis zu 80 Stundenkilometern die Seilbahntechnik an der Mittelstation montiert wurde. 

Reinhard Kllier

„Der Neubau ist ein wichtiges Signal an unsere Gäste und eine Maßnahme, um auch zukünftig am Ball zu bleiben.“

Reinhard Klier, Vorstandsvorsitzender der Wintersport AG

Vorausgedacht.

Ein kurzfristiger Effekt zwischen der neuen Bahn und dem Gästeaufkommen am Stubaier Gletscher ist bislang nicht zu verzeichnen. Damit wäre aber auch nicht zu rechnen gewesen, sagt Klier. Im Vergleich zum selben Zeitraum im vergangenen Jahr hinkt die Gästezahl um rund zehn Prozent hinterher. „Die Saison 2015/16 war ein absolutes Rekordjahr. Dieses Ergebnis noch einmal übertreffen zu wollen, wäre mehr als unrealistisch. Im längerfristigen Fünf-Jahres-Plan sind wir aber genau dort, wo wir sein sollen.“

 

Der Neubau war dementsprechend nicht als Publikumsmagnet geplant, sondern als Investition, die sowohl das hohe Niveau des Skigebiets langfristig sichern als auch garantieren soll, dass die Innovationskraft aufrechterhalten bleibt. Reinhard Klier: „Der Wintertourismus in Tirol befindet sich auf sehr hohem und sehr stabilem Level. Die Möglichkeiten für Wachstum sind dementsprechend beschränkt. Gerade deswegen ist der Neubau ein wichtiges Signal an unsere Gäste und eine Maßnahme, um auch zukünftig am Ball zu bleiben.“